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Was kommt nach dem Erwerbsleben? Wie gestaltet sich der (Un-)Ruhestand heute? Zu diesen Fragen hat sich der Bundesinnenminister mit Wissenschaft, Kommunalverwaltung und Wirtschaft in Berlin ausgetauscht.
Beim Auftakt zu einer Reihe von Ministergesprächen zu zentralen Aspekten der demografischen Entwicklung ging es um den Eintritt in den Ruhestand als wichtigen Übergang im Lebenslauf. Dieses Thema wird in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen, wenn die geburtenstarken Babyboomer aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden.
Als Babyboomer werden Personen bezeichnet, die etwa von Mitte der 1950er bis Ende der 1960er Jahre geboren wurden. In diesem Zeitraum gab es außergewöhnlich viele Geburten in Deutschland. Der Geburtsjahrgang 1964 ist mit 1,35 Millionen Personen der geburtenstärkste Jahrgang seit 1945. Nie danach wurden in der deutschen Nachkriegsgeschichte wieder mehr Kinder geboren. Zum Vergleich: Im Jahr 2017 wurden rund 785.000 Kinder geboren, das sind fast nur halb so viele Kinder wie vor 50 Jahren.
Schwerpunkt des Gesprächs war die Frage, wie die neu entstandenen Potenziale durch ein längeres Leben in Gesundheit für jeden Einzelnen besser genutzt werden können. Außerdem wurde unter anderem diskutiert, was die Personen kennzeichnet, die im höheren Lebensalter weiter aktiv und teilweise sogar erwerbstätig sind. Dabei kamen die besonderen Potenziale, aber auch die Herausforderungen zur Sprache: Welche Fähigkeiten und Talente liegen brach, und wenn ja, warum? Hierauf aufbauend wurde besprochen, was Politik, Wissenschaft und Wirtschaft tun können, um diesen Aspekt der demografischen Entwicklung entsprechend zu gestalten.
Aus dem Gespräch ergaben sich auch Impulse für die Demografiesicherung im öffentlichen Dienst. Für den öffentlichen Dienst ist die Diskussion sehr aktuell, ist doch jeder Vierte im öffentlichen Dienst über 55 Jahre alt. Allein im Bundesinnenministerium geht bis 2030 ein Drittel der derzeitigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ruhestand.
Ralf Paul Bittner, Bürgermeister von Arnsberg, hat in der 50.000-Einwohner-Stadt im Hochsauerlandkreis das Thema „Aktives Altern“ im Blick. Neben dem Konzept „Langes und gutes Leben in Arnsberg“ gibt es die „Fachstelle Zukunft Alter“, die unter anderem Projekte für ein gutes Zusammenleben aller Generationen entwickelt. Ein Beispiel ist die Akademie 6 bis 99, die Menschen jeden Alters durch das gemeinsame Interesse an Bildung zusammenbringen möchte, um ihnen gemeinsames Lernen zu ermöglichen. Entscheidend für alle Veranstaltungen ist dabei der intergenerative Charakter des jeweiligen Themas.
Bürgermeister Bittner sieht die Kommunen in der Pflicht: „Die Gestaltung der Gesellschaft des langen Lebens ist eine neue Pflichtaufgabe der Kommunen.“
Prof. Dr. Ursula Staudinger, Altersforscherin an der Columbia University in New York und Vorsitzende des Kuratoriums beim Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden berichtete über die Bedeutung von Engagement und Arbeit jenseits des Renteneintrittsalters. Sie erläuterte unter anderem den großen Einfluss von Arbeitsbiografien und Arbeitsumwelten auf den individuellen Alterungsprozess. „Je komplexer die Tätigkeit, desto gestärkter kommt man im Alter an“, resümierte sie. Aber auch bei weniger komplexen Tätigkeiten hätten Wechsel bei der Arbeit einen positiven Effekt.
Prof. Dr. Norbert F. Schneider, Institutsdirektor des BiB, nahm an dem Gespräch teil, um die sich daraus ergebenden Impulse auch für seinen Bereich nutzbar zu machen – vor allem mit Blick auf die BiB-Studie „Transitions and Old Age Potential – Übergänge und Alternspotenziale “ (TOP). Das Projekt untersucht im Rahmen einer Längsschnittstudie die Übergänge der Jahrgänge 1942 bis 1958 in den Ruhestand sowie die Potenziale älterer Erwachsener am Arbeitsmarkt, in der Zivilgesellschaft und in der Familie.
„In den nächsten 20 Jahren erreichen etwa neun Millionen Menschen mehr das Ruhestandsalter als junge Menschen ins erwerbsfähige Alter nachkommen. Die Menschen werden immer älter, das bedeutet nicht, dass sie länger alt sind, sondern dass sie sich länger im mittleren Erwachsenenalter befinden. Der Übergang in den Ruhestand taugt nicht mehr als Symbol für ‚Altsein‘. Mit der längeren Lebensdauer entfalten sich neue Potenziale. Wie diese Potenziale beschaffen sind und wie sie künftig besser zur Entfaltung gebracht werden können, muss weiter erforscht werden“, betonte Prof. Dr. Schneider.
Marion Kopmann, Gründerin und Geschäftsführerin von MASTERhora, einem Wissens- und Businessnetzwerk mit dem Ziel der Weiterbeschäftigung und -bildung älterer Experten und ihrer Vernetzung mit Unternehmen wies darauf hin, dass Altersbilder noch immer vor allem durch negative Stereotypen geprägt seien. Kopmann ist sich sicher: „Die neue positive Geschichte des Alterns zu vermitteln, muss Auftrag an uns alle sein.“
Um die Umsetzung der Demografiestrategie der Bundesregierung wissenschaftlich fundiert und praxisrelevant zu gestalten, trifft sich der hierfür federführende Bundesinnenminister regelmäßig mit relevanten Akteuren aus Wissenschaft, Kommunalverwaltung und Wirtschaft zu demografischen Schwerpunktthemen. Bereits seit 2010 finden regelmäßige Beratungen des Bundesinnenministers zu demografischen Themen statt, zuletzt im Rahmen des Expertenrats Demografie.
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