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Die Investitionstätigkeit der Kommunen in Deutschland ist häufig abhängig von der aktuellen Finanzlage und variiert deshalb stark. Die Studie „Der demografische Wandel und kommunale Investitionen“ des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsförderung Halle (IWH) zeigt, dass Investitionen zu selten mit Blick auf die zukünftige Bevölkerungsentwicklung getätigt werden. Auf lange Sicht kann dieses Vorgehen zur chronischen Unterfinanzierung wachsender Gemeinden führen, aber auch zur Überfinanzierung schrumpfender Kommunen.
Nach der aktuellen Raumordnungsprognose wird die Bevölkerungszahl in Deutschland zwischen 2012 und 2035 von 80,5 auf 78,2 Millionen schrumpfen. Diese Entwicklung verläuft jedoch regional sehr unterschiedlich.
Insbesondere wirtschaftsstarke Regionen werden der Raumordnungsprognose zufolge auch weiterhin eine wachsende Bevölkerung aufweisen. Das stärkste Wachstum mit bis zu 22 Prozent wird für das Umland von München erwartet. Demgegenüber schrumpft die Bevölkerung in strukturschwachen Gebieten stark. Gemeinden im Osten Deutschlands, aber auch in Nordbayern und im ländlichen Hessen und Rheinland-Pfalz werden vom Rückgang betroffen sein.
Wanderungsbewegungen sind die Hauptursache für die regionalen Unterschiede im Bevölkerungswachstum. Vor allem ländlich-periphere Gebiete verlieren Einwohner durch Abwanderung. Von Zuzügen aus diesen Gebieten und Zuwanderern aus dem Ausland profitieren wiederum wirtschaftsstarke, überwiegend städtisch geprägte Regionen.
Je nach Kommune unterscheiden sich die kommunalen Sachinvestitionen pro Einwohner teilweise sehr stark. Wird nicht optimal in die kommunale Infrastruktur investiert, kann das schwerwiegende Folgen haben.
„Die Kommunen machen ihre Investitionen von der aktuellen Steuerkraft abhängig statt von der zukünftigen Entwicklung. Damit wird in Teilen Deutschlands Geld in Infrastruktur gesteckt, die gar nicht gebraucht wird. In anderen Landesteilen wird es dafür in 20 Jahren an Straßen und Schulen fehlen. Große Summen Geld werden also an der falschen Stelle ausgegeben“, erläutert Mitautor der Studie und IWH--Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung-Präsident Reint E. Gropp die Forschungsergebnisse.
Vor allem die südlichen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg tätigen fast flächendeckend überdurchschnittlich hohe Pro-Kopf-Investitionen. Unterdurchschnittliche Sachinvestitionen gibt es hingegen in einem Großteil der Kreise in Nordrhein-Westfalen und Hessen. In den östlichen Bundesländern sieht es ähnlich aus. Auch hier stecken nur vereinzelte Kreise durchschnittlich beziehungsweise überdurchschnittlich viel Geld pro Einwohner in die kommunale Infrastruktur. Die Folgen von zu hohen beziehungsweise zu niedrigen Investitionen reichen von unverhältnismäßig riesigen Erlebnisbädern über kaum genutzte Kläranlagen bis hin zu baufälligen Brücken und Schulgebäuden.
Die Studienergebnisse zeigen, dass sehr viele wachsende Kommunen relativ wenig investieren, schrumpfende Regionen aber oft eine überdimensionierte Infrastruktur aufbauen. Durch den demografischen Wandel werden sich veränderte Nutzungsintensitäten ergeben und somit neue Anforderungen an die kommunale Infrastruktur gestellt. Hier sehen die Autoren der Studie Optimierungsbedarf.
Um zu verdeutlichen, welche Regionen besonders von Fehlstellungen betroffen sind, wurde untersucht, wie sich die relativen Pro-Kopf-Unterschiede verschieben würden, sofern die Sachinvestitionen des Jahres 2013 bis zum Jahr 2035 konstant blieben.
Im Osten gäbe es nur noch mit Halle (Saale) und Jena nur noch zwei kreisfreie Städte mit einem sehr geringen Pro-Kopf-Kapitalstock. In einigen ostdeutschen Regionen würde hingegen sogar deutlich über dem Bundesdurchschnitt investiert. Verlierer dieses Szenarios wären die Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Hessen, ihr Kapitalstock wäre zukünftig vergleichsweise gering.
Die heute überdurchschnittlich hohen Investitionen im Münchner Raum würden in 20 Jahren zu einem nur noch leicht überdurchschnittlichen Kapitalstock führen. Die Rhein-Main-Region würde bei der Beibehaltung des Investitionsvolumens von 2013 im Jahr 2035 unterdurchschnittlich in die kommunale Infrastruktur investieren.
Ein zweiter Versuch der Studie zeigt, wie sich eine Nivellierung, also die komplette Angleichung des kommunalen Investitionsniveaus auswirken würde. Würden in den kommenden 20 Jahren in allen Kreisen Deutschlands einheitliche Pro-Kopf-Investitionen getätigt, so käme es vermutlich zu erheblichen Disparitäten.
Durch den demografischen Wandel käme es vor allem zu einer Schieflage zwischen den Wachstumsregionen Süddeutschlands und den schrumpfenden Regionen in den östlichen Bundesländern. Eine unzureichende Infrastrukturausstattung in Wachstumsregionen, wie dem Münchner Umland, stünde einer völlig überdimensionierten Versorgung im Süden Brandenburgs gegenüber.
Weder die vollkommene Nivellierung noch das Weiter-wie-bisher-Szenario führen zu einer erfolgreichen und langfristig sinnvollen Verteilung der kommunalen Sachinvestitionen.
Die deutsche Infrastrukturpolitik muss laut den Autoren der Studie folgende Punkte im Blick haben:
Auf unserer interaktiven Karte erfahren Sie mehr über die Herausforderungen und den Handlungsbedarf Ihrer Region vor dem Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahr 2035.
Wie investiert Ihre Kommune? Wird die zukünftige Bevölkerungsentwicklung berücksichtigt? Welche Investitionen erachten Sie als sinnvoll?
Wir freuen uns auf Ihre Kommentare und Anmerkungen!
Magdalena Schlenk und das Redaktionsteam des Demografieportals
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