Bundesinnenminister de Maizière betonte in seinem Eröffnungsvortrag beim Demografiegipfel der Bundesregierung am 16. März 2017 in Berlin, dass die Vitalität der jungen Alten eine Riesenchance für Deutschland ist. Mit Blick auf eine Gesellschaft mit mehr Älteren und weniger Jüngeren appellierte Bundeskanzlerin Merkel an junge Menschen, sich aktiv an der Gestaltung der Zukunft zu beteiligen. Im Rahmen der Veranstaltung stellten zudem die zehn Arbeitsgruppen der Demografiestrategie der Bundesregierung ihre Ergebnisse vor.
Bei den Diskussionen spielten vor allem die Themen Digitalisierung, die Entwicklung in den ländlichen Räumen sowie das Engagement der jungen Menschen zur gemeinsamen Bewältigung des demografischen Wandels eine wichtige Rolle. Darüber hinaus konnten Jugendliche ihre Vorschläge mit der Parlamentarischen Staatssekretärin Caren Marks diskutieren.
De Maizière: Sorge vor dem „Kampf der Generationen“ verloren
Eröffnung des Gipfels durch den Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, MdBQuelle: Henning Schacht
Zu Beginn seiner Rede machte Gastgeber Bundesinnenminister de Maizière deutlich, dass er im Rahmen des fünfjährigen Dialogprozesses im Rahmen der Demografiestrategie der Bundesregierung viel Zuversicht gewonnen habe. Mit Blick auf den Zusammenhalt der Generationen zeigte er sich von einer zentralen Sorge befreit: den oft befürchteten „Kampf der Generationen“.
Die These, politisch seien die jungen Menschen die Verlierer von morgen, spiegelten sich in den Arbeitsgruppen, Gesprächsforen und in Umfragen nicht wider. Nicht die persönlichen Interessen des Alters prägten die politische Blickrichtung unserer Gesellschaft, vielmehr das eigene Umfeld und vor allem die Familie.
De Maizière machte dies an den Beziehungen von Jung und Alt deutlich: „Ein 50-Jähriger interessiert sich für die Ausbildung und den Berufsstart seines Kindes. Eine 60-Jährige für die Jugendabteilung ihres Sportvereins. Und ein 70-Jähriger für Kita-Plätze seines Enkelkindes. Politik für die Zukunft ist keine Frage des Alters. Es ist eine Frage der Lebenswelt. Spielen junge Menschen im eigenen Leben eine Rolle, dann prägen sie Haltungen. Man könnte auch sagen: Großeltern wählen Zukunft. Und alle, die mit jungen Menschen zu tun haben machen das auch.“
Er schlussfolgerte: „Der beste Weg ein politisches Ungleichgewicht der Generationen zu vermeiden, ist - nach allem, was wir wissen - weniger die Sensibilisierung der Alten für die Themen der Jungen, sondern die Aktivierung der Jungen an politischen Wahlen überhaupt teilzunehmen.“
Der demografische Wandel wird laut de Maizière dem Zusammenhalt nicht schaden: „Ja, wir bekommen eine Gesellschaft, die immer älter werden wird. Die Demografie ist für unser Land ein Rahmen aber noch lange keine Richtung. Entscheidend für das Verhältnis von Alt und Jung wird nicht das Alter sein, sondern ein demokratisches Zugehörig-Sein, deren Qualität sich auch bei Wahlen zeigt.“
Eröffnung des Gipfels durch den Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, MdB
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Eröffnung des Gipfels durch den Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, MdBQuelle: Henning Schacht
De Maizière: Vitalität der jungen Alten ist eine Riesenchance
Den sich wandelnden Begriff vom Alter und unser Bild davon, bewertete de Maizière als große Chance. Am Ende eines Arbeitslebens, ginge es heute um den Blick nach vorn: Was will ich jetzt und wo will ich eigentlich noch hin mit meinem Leben? Viele ältere Menschen wollten weiterhin arbeiten und fühlten sich zu jung für den Ruhestand.
Diese „jungen Alten“ seien eine Riesenchance für Deutschland. Er betonte: „Unser Land hat und braucht aktive ältere Menschen. Es ist gut, dass wir sie haben. Und ich finde, das kann man auch mal etwas öfter sagen.“ Mit der Flexirente hätte die Bundesregierung einen Anfang gemacht, es gäbe aber noch viel zu tun.
Bundeskanzlerin Merkel forderte in ihrer Rede mehr Mut zum Alter: „Wenn man immer erst kurz vorm Sterben alt ist, dann bekommt das Alter auch kein Gesicht. Und dieses Gesicht des tatkräftigen Älteren gehört einfach dazu. Ich würde also sagen: Mut zum Alter – im positiven, selbstbewussten Sinne.“
Das Alter anders denken – dies forderte auch Zukunftsforscher Matthias Horx. Für ihn ist die Gelassenheit im Alter hilfreich für die Bewältigung der Zukunft, zumal die Reife einer Gesellschaft ganz klar einen Wettbewerbsvorteil darstellt, so Horx auf dem Demografiegipfel.
Reden von Bundeskanzlerin Merkel und Bundesinnenminister de Maizière in Ausschnitten
Die Reden von Bundeskanzlerin Merkel und Bundesinnenminister de Maizière können auch in voller Länge auf unserem YouTube-Kanal angeschaut werden.
Bundeskanzlerin Merkel: Familie als Quelle des gesellschaftlichen Zusammenhalts
Rede der Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel, MdBQuelle: Henning Schacht
In ihrer Rede wies Bundeskanzlerin Merkel darauf hin, dass sich heute, fünf Jahre nach der Verabschiedung der Demografiestrategie, ein etwas anderes demografisches Bild zeigt. Damals ging man davon aus, dass die Ballungszentren zwar weiter wachsen, aber die Bevölkerungszahl bundesweit abnehmen wird. Die Bevölkerung sei bis heute aber leicht gewachsen, insbesondere aufgrund von Zuwanderung aus Europa und der Zuwanderung von Flüchtlingen.
Der demografische Wandel dürfe aber nicht aus dem Blick geraten, machte die Bundeskanzlerin deutlich: „Wir sollten und müssen uns mit dem Thema beschäftigen, denn auch wenn wir in den nächsten zwei Jahrzehnten voraussichtlich eine stabile Entwicklung der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter haben werden, bleibt es bei der Grundtendenz, dass den Erwerbstätigen eine wachsende Zahl älterer Menschen gegenüberstehen wird. So schön eine höhere Lebenserwartung natürlich ist, so sehr stellt sie uns trotzdem vor eine Bewährungsprobe – ganz besonders auch mit Blick auf unsere sozialen Sicherungssysteme.“
Beim demografischen Wandel ginge es letztendlich um den Zusammenhalt, betonte Bundeskanzlerin Merkel. Familien komme hierbei eine wichtige Rolle zu als „Quelle unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts“. Politik habe die Aufgabe Rahmenbedingungen zu schaffen, um Zusammenhalt zu fördern. Für Familien habe die Bundesregierung beispielsweise mit dem Elterngeld und dem Ausbau der Kinderbetreuung wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht.
Bereits im Vorfeld des Demografiegipfels äußerte sie sich in Ihrem wöchentlichen Podcast zur Demografiestrategie.
Vorschläge von Jugendlichen zur Gestaltung des demografischen Wandels
Jugendliche auf dem Demografigipfel im Dialog mit Parlamentarischer Staatssekretärin Caren MarksQuelle: Henning Schacht
Bei der Veranstaltung wurde häufig auf die wichtige Rolle von Jugendbeteiligung bei der Gestaltung des demografischen Wandels hingewiesen. So appellierte die Bundeskanzlerin an die Jugendlichen, ihre Wünsche an die Politik selbstbewusst vorzubringen.
Im Dialog mit Caren Marks, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren Frauen und Jugend, stellten fünf Jugendliche ihre Vorschläge vor.
Strukturen für Jugendbeteiligung stärken
Die politische Stimme von Jugendlichen sichern: mehr Jugendräte analog zu Senioren(bei-)räten, gewählte Vertretungen, gesicherte Ressourcen, kontinuierliche Beteiligungsmöglichkeiten und tatsächliche Entscheidungsbefugnisse (vorgestellt von Lena Simosek, 18 Jahre, Sanitz in Mecklenburg-Vorpommern)
Mehr Mobilitätsangebote: Sichere Mitfahrgelegenheiten
„Staatlich geprüfte Mitnehmer” – Alle Beteiligten werden geprüft – App für Organisation und Bewertungen – Autos gut sichtbar kennzeichnen (vorgestellt von Tanja Henze, 16 Jahre, Kyffhäuserkreis)
Online-Schulen und Online-Universitäten
Gegen lange Anfahrtswege in dünn besiedelten Gegenden: Videokonferenzen, regionale Lerngruppen, festgelegten Präsenztage, lokale Offline-Studienzentren (vorgestellt von Nils Huëp, 16 Jahre, Landkreis Vorpommern-Rügen)
Ländliche Regionen werben gezielt um Zuwanderinnen und Zuwanderer
Gegen Einwohnerschwund und Fachkräftemangel – Voraussetzung: Zuwanderung für Nicht-EU-Bürger wird erleichtert (vorgestellt von Hanna-Maria Paul, 19 Jahre, Landkreis Friesland)
Mobile Arztpraxen und medizinische Fernüberwachung
Medizinische Grundversorgung in dünn besiedelten Gebieten durch mobile Arztpraxen, Apotheken und „Gemeindeschwestern”, telefonische oder elektronische Versorgung und Überwachung für chronisch Erkrankte (vorgestellt von Benedikt Geuß, 19 Jahre, Landkreis Lichtenfels)
Präsentation der 40 Vorschläge durch Jugendliche auf dem Demografiegipfel gemeinsam mit Staatssekretärin Caren Marks.Quelle: Henning Schacht
Auf Schildern präsentierten die Jugendlichen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Demografiegipfels insgesamt 40 Vorschläge. Von 2015 bis 2017 entwickelten mehr als 1.000 Jugendliche im Projekt „Jugend-Demografie-Dialog“ in den Landkreisen Friesland, Kyffhäuserkreis, Lichtenfels und Vorpommern-Rügen Handlungsansätze und Lösungsvorschläge für ihre Region.
Auch das Jugendbeteiligungsprojekt „Ichmache>Politik|Demografie“ des Deutschen Bundesjugendrings beteiligte zwischen 2014 und 2017 bundesweit Jugendliche und junge Erwachsene an der Arbeit der Arbeitsgruppe „Jugend gestaltet Zukunft“ zur Demografiestrategie der Bundesregierung.
Mit ihrer Demografiestrategie reagiert die Bundesregierung auf die demografischen Herausforderungen. Um praktische Lösungen zu entwickeln, arbeitet die Bundesregierung auch in den zehn Arbeitsgruppen eng mit Gestaltungspartnern aus Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft sowie Ländern und Kommunen zusammen. Die Demografiestrategie von 2012 wurde 2015 weiterentwickelt. Im Vorfeld des Demografiegipfels hatte die Bundesregierung am 1. Februar 2017 eine Bilanz zu ihrer Demografiepolitik in 13 Politikfeldern vorgelegt. Auf dem Demografiegipfel am 16. März 2017 wurden auch neue Ergebnisse der Arbeitsgruppen präsentiert.
Demografischen Wandel in Stadt und Land gestalten
In ihrer Rede thematisierte Bundesbauministerin Hendricks die regionale Ungleichheit in Deutschland. Dabei verlaufe die Linie nicht zwischen Stadt und Land, sondern es gäbe sowohl boomende ländliche Regionen und Städte und als auch weniger vom demografischen Wandel betroffene Städte und ländliche Regionen. Die Probleme und Lösungen von Stadt und Land seien eng miteinander verbunden. Hendricks forderte Fördermittel, die regional gezielt wirken und forderte: „Wir müssen Stadt und Land zusammendenken!“
Christian Schmidt, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, wünschte sich einen gezielten Blick auf ländliche Regionen. Mit Bezug auf das im Grundgesetz festegelegte Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zu schaffen betonte er in seiner Rede: „Keine Region darf abgehängt werden. Niemand darf das Gefühl haben, von der positiven wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in unserem Land ausgeschlossen zu sein.“
Gewinner aus Umfrage treffen Bundesinnenminister
Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, mit Heike Wiemers, eine der drei Gewinner der Verlosung im Rahmen der Umfrage zur DemografiepolitikQuelle: Henning Schacht
Im Vorfeld des Demografiegipfels 2017 fand eine Umfrage zur Demografiepolitik der Bundesregierung auf dem Demografieportal statt. Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten drei Eintrittskarten zum Demografiegipfel gewinnen. Neben Rolf Peters aus Tecklenburg und Christian Erhardt-Maciejewski aus Hohen Neuendorf freute sich Heike Wiemers aus Berlin über den Gewinn.
Der 50-jährigen Controllerin hat der Tag gut gefallen: „ Ich besuche regelmäßig den Tag der offenen Tür der Bundesregierung und interessiere mich für das Thema. Es gibt immer mehr Ältere in unserer Gesellschaft, immer weniger Junge zahlen in die Rente ein. Ich gehöre selbst auch zur Babyboomer-Generation. Wie werde ich im Alter leben? Diese Frage treibt mich um, auch hinsichtlich des zukünftigen Rentenniveaus. Über den Newsletter des Demografieportals habe ich von der Verlosung erfahren.“
Mit nach Hause genommen hat sie für sich folgende Botschaften: „Dass sich etwas tut und es schon gute Schritte und Ideen gibt, zum Beispiel die Vorschläge der Jugendlichen zur Gesundheitsversorgung mit Telemedizin auf dem Land.“
Neue Rubrik „Internationale gute Praxis“
Zeitgleich mit dem Demografiegipfel wurde die neue Rubrik „Internationale Gute Praxis“ auf dem Demografieportal mit 40 Projekten gestartet. Die Beispiele zeigen, was im europäischen Ausland sowie in Japan und Kanada bei der regionalen Daseinsvorsorge bereits gut funktioniert. Im Interview mit uns hat Norbert Barthle, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur darüber gesprochen, was Deutschland von anderen Ländern lernen kann.
Unter dem Hashtag #Demografiegipfel2017 finden Sie die Diskussion zum Demografiegipfel auf Twitter. Den Gipfel in voller Länge ansehen können Sie auf unserem YouTube-Kanal. In Kürze folgen auch weitere Videos zur Veranstaltung.
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Yvonne Eich und das Redaktionsteam des Demografieportals
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