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Keine Nachfolge für die Arztpraxis, schlechte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, die Grundschule soll geschlossen werden und der örtlichen Feuerwehr fehlt der Nachwuchs. Keine guten Aussichten für das Leben auf dem Land. Der demografische Wandel verändert alle Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge und kann zur Herausforderung für die Lebensqualität der Menschen vor Ort werden. Doch wie soll man damit umgehen? Der aktualisierte Leitfaden „Regionalstrategie Daseinsvorsorge“ stellt Lösungsansätze und Erfahrungen aus 21 Modellregionen vor.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung das Instrument „Regionalstrategie Daseinsvorsorge“ entwickelt. Seit 2012 unterstützt es 21 Modellregionen des Aktionsprogramms regionale Daseinsvorsorge dabei, eine Strategie zu entwickeln, die die Daseinsvorsorge für die Menschen vor Ort von der Schule bis zur Feuerwehr langfristig sicherstellt. Der diskursive Prozess gemeinsam mit Bevölkerung, Kommunalpolitik und Trägern der Daseinsvorsorge beginnt mit dem Erkennen der Probleme vor Ort und endet mit der politischen und organisatorischen Umsetzung.
Der Leitfaden fasst die Erfahrungen der 21 Modellregionen zusammen und skizziert Beispiele und Ideen im Umgang mit den Herausforderungen des demografischen Wandels. Er stellt eine Fortschreibung des Leitfadens „Regionalstrategie Daseinsvorsorge. Denkanstöße für die Praxis“ von 2011 dar. Nach drei Jahren „Regionalstrategie Daseinsvorsorge“ von 2012 bis 2015 ziehen die Modellregionen nun eine Zwischenbilanz.
Was ist öffentliche Daseinsvorsorge?
Unter öffentlicher Daseinsvorsorge versteht man die Verantwortung von Staat und Kommunen dafür, Güter und Dienstleistungen, die von politisch Verantwortlichen als lebenswichtig definiert wurden, zu sozial verträglichen Preisen und in erreichbarer Entfernung sicherzustellen. Zu diesen Gütern und Dienstleistungen zählen zum Beispiel öffentlicher Nahverkehr, Wasser, Energie, Telekommunikation, Post oder Gesundheitsdienste, Kinderbetreuung sowie Schulbildung.
Bei der Sicherstellung der öffentlichen Daseinsvorsorge gibt es nicht die eine richtige Lösung. Ganz im Gegenteil: die betroffenen Bereiche sind regional auf einem ganz unterschiedlichen Stand und die Möglichkeiten der Anpassung vielfältig. Aufgabe der Regionalstrategie ist es, je nach den regionalen Gegebenheiten, richtige Lösungen zu finden. Diese können beispielsweise sein:
Durch diese Maßnahmen soll die Grundversorgung in sogenannten „Kooperationsräumen“ sichergestellt werden: Kinderbetreuung, Grundschule, Nahversorgung, Allgemeinmediziner, Pflegeangebote, Orte der Begegnung, Bürgerbüros oder Sport-, Freizeit-, und Kulturangebote befinden sich dann in erreichbarerer Entfernung vom Wohnort.
Die Sicherung von Schulen und Bildung in ländlichen Räumen wurde von den Modellregionen neben den Themenfeldern ärztliche Versorgung und Pflege, Senioren und Leben im Alter am häufigsten im Rahmen der Regionalstrategie bearbeitet. Weniger Schüler – weniger Schulen: Sind die Schulstandorte nicht mehr ausgelastet, werden sie geschlossen, verkleinert oder zusammengelegt. Durch den Rückgang der Kinderzahlen ist in vielen Regionen die schulische Grundversorgung in Gefahr. Nur mit einem qualitativ guten Bildungsangebot bleiben die Regionen attraktiv. Aber wie setzt die Regionalstrategie bei diesem komplexen Aufgabenfeld an? Ein klassisches Vorgehen der Regionalstrategie mit Bestandsaufnahmen, Status-quo-Analysen und Szenarien bietet sich hier an.
Kleinräumige Bevölkerungsprognose: Wie sehen die Schülerzahlen in 20 Jahren aus? Auf welche Schularten verteilen sie sich? Der erste Schritt bei der Entwicklung einer Regionalstrategie ist eine möglichst genaue Prognose über die Entwicklung der Bevölkerung. Diese Prognose fällt in Bezug auf die Schulentwicklung für alle Modellregionen ähnlich aus: Die Schülerzahlen sinken.
Als zweiter Schritt der Regionalstrategie folgt eine detaillierte Modellierung der Erreichbarkeit. Am Beispiel der Schulen beinhaltet diese Erreichbarkeitsanalyse die Schätzung zukünftiger Nutzerzahlen. Schulstandorte werden dann anhand von Schülerzahlindizes unterschiedlichen Gefährdungsstufen zugeordnet. Wenn es weniger Schulen gibt, wird die Erreichbarkeit zunehmend zu einem wichtigen Entscheidungsfaktor für die Schüler. Der dritte Schritt ist die qualitative Bedarfsanalyse: In Bezug auf die Gefährdung von Schulstandorten werden verschiedene Handlungsoptionen abgewogen. Dabei geht es beispielsweise darum, ob Standorte zentralisiert werden können, ohne dass zu lange Schulwege entstehen, oder ob jahrgangsübergreifender Unterricht eingeführt werden kann. Der vierte Schritt umfasst Modellrechnungen und Szenarien. Wie also kann eine langfristige Sicherstellung von schulischer Grundversorgung gewährleitet werden? In diesem Schritt werden Gestaltungsszenarien entwickelt. Hier haben die Erfahrungen gezeigt, dass die Visualisierung von Sachverhalten und die rechtzeitige Vorliegen der Modellrechnungen wichtig sind. Nur so tragen sie zu einer fruchtbaren Diskussion bei. Im fünften und letzten Schritt geht es konkret um die Umsetzungen der Ergebnisse und Empfehlungen der Arbeitsgruppen: Kostenabschätzung und Beschlussvorlagen werden erarbeitet und dann an Politiker der Kommunen, des Kreises oder Landes herangetragen.
Auch wenn diese methodischen Bausteine die Grundlage der Regionalstrategie sind, eignen sie sich nicht für alle Bereiche der Daseinsvorsorge gleichermaßen. Während kleinräumige Bevölkerungsvorausschätzungen grundsätzlich und flächendeckend sinnvoll sind, wären beispielsweise verkehrliche Erreichbarkeitsanalysen und -szenarien für den Bereich der technischen Infrastrukturen nicht zielführend.
Die Entwicklung einer passgenauen Regionalstrategie für einen ländlichen Raum ist ein vielfältiger und langer Prozess mit den unterschiedlichsten Akteuren. „Die Qualität dieses Prozesses bestimmt im Wesentlichen die Qualität der Regionalstrategie Daseinsvorsorge“, so der Leitfaden. Die Erfahrungen der vergangenen drei Jahre haben Folgendes gezeigt:
Diese Erkenntnisse sind in den neuen Leitfaden eingeflossen und mit der Regionalstrategie wichtige Prozesse in den Modellregionen in Gang gesetzt worden. Die Beispiele aus den Modellregionen geben Anstöße, wie man die Herausforderung des demografischen Wandels in ländlichen Räumen angehen kann.
Eine Regionalstrategie als Masterplan gegen die Abwanderung aus ländlichen Räumen. Was meinen Sie dazu, kann das gelingen? Gibt es in Ihrem Ort besondere Maßnahmen, die die Versorgung gewährleisten? Schreiben Sie uns Ihre Ideen und Anmerkungen doch einfach als Kommentar!
Kira Rutkowski und das Redaktionsteam des Demografieportals des Bundes und der Länder
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