Als Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Gesetzgebung e.V. (DGG) setzt sich Dr. Günter Krings für bessere Gesetze ein. In seiner Funktion als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern ist er unter anderem mit der Umsetzung des Demografie-Checks betraut. Die Einrichtung des neuen Prüfverfahrens ist im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD im Kapitel „Bevölkerungswandel gestalten“ verankert. Mit dem Demografie-Check werden zukünftig Gesetzesvorhaben, Richtlinien und Investitionen daraufhin überprüft, welche Auswirkungen damit auf kommende Generationen verbunden sind. Doch was bedeutet das genau? Dr. Günter Krings hat mit der Redaktion des Demografieportals über den Demografie-Check der Bundesregierung gesprochen.
Dr. Günter Krings, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, im InterviewQuelle: BMI / Bildschön
Redaktion: Herr Dr. Krings, wurden bis jetzt bei der Erstellung von Gesetzentwürfen des Bundes die demografischen Auswirkungen völlig ausgeklammert?
Günter Krings: Nein, natürlich nicht. Bereits heute müssen alle neuen Gesetze und Verordnungen auf der Bundesebene darauf überprüft werden, welche beabsichtigten Wirkungen und unbeabsichtigten Nebenwirkungen mit ihnen verbunden sind. Das ist Bestandteil der „Gesetzesfolgenabschätzung“. Verankert ist diese in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien. Das heißt, dass die fachlich zuständigen Bundesministerien bei der Erarbeitung einer Gesetzvorlage verpflichtet sind, alle bedeutenden Auswirkungen eines Gesetz- oder Verordnungsvorhabens zu prüfen. Zu den Auswirkungen gehören selbstverständlich die demografischen Folgen und Risiken, ebenso wie etwa auch ökonomische, soziale oder ökologische Auswirkungen. Die Ergebnisse der Prüfung kann jeder Interessierte nachlesen. Sie sind in der allgemeinen Begründung des Gesetzentwurfes darzustellen.
Redaktion: Welche Aufgabe hat das Bundesinnenministerium beim Demografie-Check?
Günter Krings: Das Bundesinnenministerium kann laut der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien zur Ermittlung von Gesetzesfolgen Empfehlungen geben. Davon haben wir Gebrauch gemacht. Das Bundesministerium des Innern hat im Mai 2009 eine Arbeitshilfe zur Gesetzesfolgenabschätzung herausgebracht. Sie ist als Hilfestellung für die Referentinnen und Referenten in den Ministerien bei der Erarbeitung von Gesetzesvorlagen konzipiert. Für die Ermittlung und Prüfung der gravierenden Auswirkungen durch ein geplantes Regelungsvorhaben enthält diese Arbeitshilfe bisher einen Fragenkatalog mit Leitfragen zu den drei Prüffeldern Ökonomie, Ökologie und Soziales, die in Zusammenarbeit mit den Bundesressorts entstanden sind. Die Arbeitshilfe samt Prüffragen ist öffentlich im Internet einsehbar und wird von den Bundesressorts bei der Erarbeitung von neuen Gesetz- und Verordnungsentwürfen genutzt. Die Arbeitshilfe wurde jetzt ergänzt durch einen neu entwickelten Katalog von 24 Prüffragen zu den demografischen Folgen und Risiken: den sogenannten „Demografie-Check“. Diesen Fragenkatalog werden wir zügig in die Arbeitshilfe integrieren, er liegt aber bereits jetzt allen Ressorts vor. Wir freuen uns, dass wir damit die Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag so zügig umsetzen konnten, natürlich nur durch die Mithilfe aller Bundesressorts.
Redaktion: Was ist das konkrete Ziel des Demografie-Checks und wie funktioniert er?
Günter Krings: Es geht uns vor allem darum, Politik und Verwaltung für die demografierelevanten Auswirkungen ihrer Entscheidungen und auf mögliche Zielkonflikte noch stärker zu sensibilisieren als in der Vergangenheit. Die neu entwickelten Prüffragen des Demografie-Checks helfen zunächst einmal bei der Analyse eines Gesetzesvorhabens auf Demografierelevanz und die Auswirkungen auf kommende Generationen. In den Prüffragen sind Belange aller Generationen berücksichtigt. Gefragt wird zum Beispiel nach Auswirkungen des Gesetzentwurfes auf die sich verändernde Anzahl von jungen und älteren Menschen. Auch die Auswirkungen auf eine altersgerechte Arbeitswelt, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Betreuungs-, Bildungs- und Ausbildungsbedingungen für Kinder und Jugendliche werden thematisiert. Die Funktionsweise ist sehr eingängig und fördert die ressortübergreifende Zusammenarbeit. Der Fragenkatalog des Demografie-Checks enthält neben Leitfragen auch Verweise auf jeweils betroffene Fachressorts und die dortige Expertise. Wenn eine Frage mit „Ja“ beantwortet wird, ist diesem Prüfaspekt weiter nachzugehen. Die möglichen Wirkungen können und sollten dann etwa unter den betroffenen Ressorts erörtert werden. Die Ergebnisse des Demografie-Checks werden in die Begründung des Gesetzentwurfes aufgenommen. Sie bieten somit den politischen Entscheidungsträgern eine Grundlage, wenn es im Parlament zur Abstimmung über die Gesetzesvorlage kommt. Insgesamt leistet der Demografie-Check damit einen entscheidenden Beitrag, um politische Entscheidungen in Deutschland aus der Begrenzung auf Legislaturperioden herauszulösen. Die in einem Gesetzgebungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse über positive wie negative Folgen sind eine wesentliche Basis für mehr Generationengerechtigkeit und eine zukunftsfähige Politik.
Redaktion: Für welche Regelungsvorhaben gilt der Demografie-Check?
Günter Krings: Der „Demografie-Check“ gilt für alle Gesetzes- und Verordnungsvorhaben des Bundes. Aber auch Länder und Kommunen sind aktiv. So hat etwa Rheinland-Pfalz 2012 einen Demografie-Check für alle Landesgesetze und Landesverordnungen eingeführt und ebenfalls Prüfkriterien entwickelt. Auch die Kommunen sind aktiv, z. B. hat die Landeshauptstadt Potsdam seit 2008 einen Demografie-Check etabliert. Alle Beschlüsse, Satzungen und Vorlagen werden auf demografische Wirkungen hin überprüft.
Haben Sie noch weitere Fragen zum Demografie-Check der Bundesregierung? Nutzen Sie gerne die Kommentarfunktion des Blogs, um uns ihre Fragen zu stellen.
Wir freuen uns darauf!
Yvonne Eich und die Redaktion des Demografieportals
Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz