„Die Aufgaben eines Dorfkümmerers sind so vielfältig wie die Personen, die sich an ihn wenden“Expertinneninterview
Ines Benkert ist Referatsleiterin für Familien- und Seniorenpolitik im Thüringer Sozialministerium. Im Interview spricht sie über Dorfkümmerer in den ländlichen Regionen Thüringens und ihre Aufgaben.
Was sind Dorfkümmerer und worin bestehen ihre täglichen Aufgaben? Können Sie uns hierzu über ein gelungenes Praxisbeispiel berichten?
Dorfkümmerer sind ehrenamtlich oder hauptamtlich handelnde Menschen, die in Thüringen, insbesondere im ländlichen Raum, direkte Ansprechpartner für die Belange aller Menschen vor Ort sind. Die täglichen Aufgaben eines Dorfkümmerers sind daher so vielfältig, wie die Personen, die sich an sie oder ihn wenden: Dorfkümmerer unterstützen Menschen vor Ort bei ihren täglichen Herausforderungen wie Einkäufen oder Arztbesuchen. Die Dorfkümmerer beleben aber auch das Miteinander zwischen den Bewohnern, zwischen Jung und Alt, indem sie Gelegenheiten und Orte für das gemeinschaftliche Miteinander schaffen.
Dorfkümmerer agieren zudem als Lotsen: Sie wissen um die unterschiedlichen Beratungsstrukturen und vermitteln bei spezifischen Fragen zu Themen wie Pflege, Erziehung oder anderen Unterstützungsbedarfen, an die entsprechenden Experten. Sie sind aber auch vernetzt mit Vereinen und politischen Vertretern und helfen so, Projekte und Veranstaltungen vor Ort umzusetzen. Die Entwicklung von neuen Initiativen, aber auch die Weiterentwicklung von bestehenden Projekten, unterstützen Dorfkümmerer durch ihr Tun, ihr Wissen und ihre Netzwerke.
Beispiele gibt es so viele, wie es Kümmerer gibt. Mit ihren Ideen bereichern sie das Leben in den Dörfern: durch Veranstaltungen, wie „lebende Adventskalender“, durch Kaffeerunden und Entenrennen, durch gemeinsame Filmabende, Sportkurse für Jung und Alt oder durch gemeinsames Kochen.
Seit wann gibt es sie und wie werden sie finanziert? Wie viele Dorfkümmerer gibt es in Thüringen? Wie werden sie in den Dörfern angenommen?
Seit 2019 werden Dorfkümmerer als eines von vielen verschiedenen Projekten der regionalen Familienförderung über das Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“, kurz LSZ, gefördert. Die Förderung durch das Land erhalten hier die Landkreise und kreisfreien Städte, die die Mittel wiederum an Projekte weiterreichen.
In 2025 werden insgesamt etwa 70 Dorfkümmerer in acht Thüringer Landkreisen finanziert. Die Fördersumme ist dabei von Landkreis zu Landkreis unterschiedlich hoch, je nachdem, ob die Dorfkümmerer als Ehrenamtliche oder Hauptamtliche unterwegs sind. Sie verfügen zudem über Mittel für Sachkosten.
Aktuell gibt es Dorfkümmerer in folgenden Thüringer Landkreisen: Altenburger Land, Gotha, Hildburghausen, Kyffhäuserkreis, Saale-Holzland-Kreis, Schmalkalden-Meiningen, Unstrut-Hainich-Kreis und im Weimarer Land. Über das LSZ und seine Gremien sind die Dorfkümmerer thüringenweit bekannt, aber noch nicht thüringenweit etabliert. Es gibt jedoch auch in weiteren Gebietskörperschaften Überlegungen, dieses Unterstützungsangebot einzuführen. Auch für die ländlichen Stadtteile von kreisfreien Städten können diese eine Bereicherung darstellen.
Seit 2020 hat sich die Zahl der Dorfkümmerer verdreifacht, Tendenz steigend. Denn wenn ein Dorf in einem Landkreis einen Kümmerer bekommt, spricht sich das häufig schnell herum. Die Menschen anderer Orte werden dann aufmerksam, zeigen Interesse und wünschen sich auch einen solchen Ansprechpartner. Aber auch für die Gemeinden und die Landkreise sind die Dorfkümmerer von großem Wert: Sie wissen, was die Menschen umtreibt, woran es fehlt und was ganz konkret benötigt wird. Dieses Wissen geben die Dorfkümmerer an ihre Netzwerkpartner in Politik, Verwaltung und in Vereinen weiter. Deshalb unterstützen die Gemeinden die Realisierung von Dorfkümmererprojekten mit Eigenmitteln.
Was sind die Erfolgsfaktoren vor Ort?
Der wichtigste Erfolgsfaktor für ein Dorfkümmererprojekt ist die Person selbst. Er oder sie sollte vor Ort bekannt und entsprechend sichtbar sein, damit die Menschen der Person vertrauen und wissen, dass ihre Fragen und Anliegen hier an der richtigen Stelle sind. Häufig kommt der Kümmerer daher aus dem Ort oder der Gemeinde, die betreut wird. Zudem kennt der Kümmerer so seine wichtigsten Netzwerkpartner und weiß bereits, mit wem er sprechen muss, um die Wünsche der Menschen auch realisieren zu können.
Die Gemeinde sollte zudem hinter dem Kümmerer stehen und dessen Wirken beispielsweise durch die Bereitstellung von Räumen unterstützen. Hilfreich ist es, einen festen Raum für regelmäßige Sprechzeiten und Veranstaltungen zur Verfügung zu haben. Dann wissen die Menschen, wo und wann sie ihren Kümmerer antreffen können. Die Dorfkümmerer gehen aber auch aktiv auf die Menschen zu, sprechen sie am Gartenzaun an und kommen so direkt mit ihnen ins Gespräch.
Was hat sich seit dem Projektstart geändert und was würden Sie sich für die Zukunft wünschen?
Die Sichtbarkeit der Kümmerer hat sich mit der Anzahl erhöht. Dadurch gibt es deutlich mehr Interesse und Nachfragen, was uns sehr freut, weil wir an die Wirksamkeit der Kümmerer glauben. Um neuen Dorfkümmerern sowie Landkreisen und Städten zu helfen, die Dorfkümmererprojekte umsetzen wollen, haben wir gemeinsam mit aktiven Dorfkümmerern und der kommunalen Verwaltung eine Handreichung erarbeitet, die die wichtigsten Fragen aus der Praxis beantwortet. Seit Dezember 2024 gibt es zudem ein Logo für die Thüringer Dorfkümmerer. So können die Menschen ihren Dorfkümmerer noch leichter erkennen.
Wir haben auch feste Vernetzungsformate zwischen dem Land und den Kümmerern etabliert, um einerseits erfahren zu können, was vor Ort passiert und was es vielleicht für Unterstützung braucht. Andererseits werden die Dorfkümmerer so auch untereinander vernetzt. Es gibt viele tolle Ideen, die so die Menschen in ganz Thüringen erreichen können.
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