Interview mit Digitalministerin Dr. Lydia Hüskens: Wie reagieren auf den demografischen Wandel?
Dr. Lydia Hüskens, Ministerin für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalt, setzt bei der Gestaltung des demografischen Wandels auf Digitalisierung und das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern.
Wir müssen verstehen, dass sich der demografische Wandel nicht einfach stoppen lässt. Hauptursache ist die immer noch zu geringe Geburtenzahl, auch wenn in den zurückliegenden Jahren ein leicht positiver Trend zu verzeichnen gewesen ist. Derzeit bekommt jede Frau in Sachsen-Anhalt im Durchschnitt 1,6 Kinder. Mehr Kinder zu bekommen, lässt sich nicht verordnen. Und was die Alterung der Gesellschaft anbelangt: Niemand kann doch ernsthaft anstreben, dass die Menschen künftig nicht mehr so alt werden sollen.
Wie sieht die strategische Alternative aus?
Den demografischen Wandel kann man durchaus kreativ gestalten und die Rahmenbedingungen verbessern. Bevölkerungsprognosen sind kein Naturgesetz! Denn es gibt immer wieder Entwicklungen, Stichworte Intel-Ansiedlung und Flüchtlingsbewegungen durch den Krieg in der Ukraine, die sich nicht berechnen lassen.
Mein Ansatz für die Demografiepolitik ist es, positive Entwicklungen der vergangenen Jahre zu verstärken und neue Ideen zu entwickeln, wie wir besonders in den ländlichen Regionen die Daseinsvorsorge und damit die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse gewährleisten können.
Welche Möglichkeiten gibt es dafür?
Spätestens mit der Coronapandemie ist klar geworden, welche enormen Potenziale die Digitalisierung bietet. Ich will erreichen, dass wir demografische Entwicklung und digitale Daseinsvorsorge künftig im Komplex denken, um dadurch Potenziale zu erschließen. Nehmen wir ein Beispiel: die Gesundheitsversorgung. Es gibt Projekte zur Anwendung der Telemedizin, von einer flächenhaften Anwendung sind wir aber noch weit entfernt. Nicht nur hier müssen wir schneller vorankommen. Das Gleiche gilt für Dienstleistungen der Verwaltung. Wir werden 2023 eine Strategie „Sachsen-Anhalt Digital 2030“ erarbeiten. In dieser wird die Daseinsvorsorge – insbesondere die Daseinsvorsorge in der digitalen Welt – einen Schwerpunkt einnehmen.
Und es braucht engagierte Leute vor Ort?
Unbedingt! Die konkreten Ideen, wo man welchen Hebel wie am besten ansetzt, müssen vor Ort entwickelt werden. Die vielen ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger in den Vereinen, aber auch engagierte Unternehmerinnen und Unternehmer bilden die Basis für die Gestaltung des demografischen Wandels.
Der jährliche Wettbewerb um den Demografiepreis des Landes Sachsen-Anhalt zeigt, wie viele kreative Ideen es überall im Land gibt. Als Ministerium für Infrastruktur und Digitales werden wir hier auch künftig Unterstützung geben.
Reicht das Demografie-Programm mit einer maximalen Förderung von 80.000 Euro aus, um zum Beispiel anspruchsvolle Digitalisierungsvorhaben umzusetzen?
Mit dem Demografie-Förderprogramm zum Beispiel ist es durchaus möglich, die professionelle Konzeptentwicklung eines anspruchsvollen Digitalisierungsprojekts zu unterstützen. Wir arbeiten sehr konzentriert daran, die im Ministerium für Infrastruktur und Digitales vorhandenen Fördermöglichkeiten besser miteinander zu verknüpfen, um so Synergieeffekte zu erschließen. Gerade im Bereich der Digitalisierung versuchen wir auch, den Anschluss zu anderen Förderprogrammen beispielsweise im Bund herzustellen.
Welche Rolle spielen dabei regionale Digitalisierungszentren?
Regionale Digitalisierungszentren sollen vor Ort Digitalisierungsfahrpläne aufstellen. Sie haben regionale Akteure zusammengebracht und so einen Agendaprozess auf lokaler Ebene angestoßen. Viele dieser Digitalisierungszentren haben auch konkrete Projekte hervorgebracht, an deren Umsetzung gearbeitet wird oder aus denen neue gewachsen sind, beispielsweise, um sich zu einer „smarten Stadt“ oder Gemeinde zu entwickeln.
Aufgrund seiner überwiegend ländlich geprägten Struktur ist Sachsen-Anhalt besonders stark vom demografischen Wandel betroffen. Mit einem Durchschnittsalter von 47,9 Jahren hatte Sachsen-Anhalt 2022 die bundesweit älteste Bevölkerung.
Der Demografiepreis des Landes Sachsen-Anhalt würdigt ehrenamtliches Engagement und beispielgebende Initiativen.
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