Wo sich Alter und digitale Lebenswelten begegnen: denkMal-OaseProjekt des Monats
In einer denkmalgeschützten Wohnsiedlung in Wittenberg-Piesteritz in Sachsen-Anhalt gibt es eine Anlaufstelle für ältere Menschen, die mehr ist als ein „normaler“ Seniorentreff.
Die denkMal-Oase ist eine Anlaufstelle für Seniorinnen und Senioren. Gelegen an der Hauptzufahrt ist sie ein besonderer Ort in einer mehr als hundert Jahre alten Großsiedlung, in der es außerdem noch einen Kindergarten, eine Grundschule, ein Gymnasium und eine Apotheke gibt. Das Café und das Restaurant haben längst geschlossen, ebenso alle jemals existenten Geschäfte. Es gibt fast 400 denkmalgeschützte Reihen- und Einfamilienhäuser – eine vorzeigbare Gartenstadt, die im Rahmen der Expo 2000 umfassend saniert worden war und aktuell das Zuhause von mehr als 600 Menschen aller Altersgruppen ist. Auch Manfred Bruno Kayser und seine Frau Evelin wohnen in der Gartenstadt Piesteritz. Sie sind die Initiatoren des Projekts, das sie 2014 in Trägerschaft von Sustainable Europe Deutschland e.V. ins Leben gerufen haben. Seit Ende 2021 ist der gemeinnützige Verein mit der denkMal-Oase auch Teil der Initiative „Beratungsstelle zur kommunalen Quartiersentwicklung in Sachsen-Anhalt“, kurz BEQISA, die vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung gefördert wird.
Die Grundidee hinter allem ist: Gemeinsam gegen Einsam.
Demografiepreis 2019: denkMal-Oase in der Lutherstadt Wittenberg
Die denkMal-Oase in Wittenberg ist der Gewinner des Demografiepreises 2019 in der Kategorie „Anpacken“ – Lebensfreude in Stadt und Land.
Manfred Bruno Kayser ist geschäftsführender Vorstand von Sustainable Europe Deutschland. Das eigene Schicksal hat ihn dazu gebracht, sich ehrenamtlich um alte Menschen zu kümmern, konkret um die Generation 70plus. Im Sommer 2022 geht der ehemalige Unternehmenssprecher und zuletzt selbstständige Unternehmensberater in den Ruhestand, seine Frau arbeitet bei einer Bank in Berlin und pendelt zwischen Piesteritz und der Bundeshauptstadt. Beide fassen den Entschluss, in „ihrer“ geliebten Wohnsiedlung eine Anlaufstelle für ältere Menschen zu schaffen, um sie regelmäßig aus ihren vier Wänden zu locken und „unter Leute“ zu bringen.
Ebenerdige, leerstehende Räume gegenüber der Apotheke sind wie geschaffen für ihr Vorhaben, das sich seit seiner Gründung erfolgreich etabliert und zu einer wirklichen Oase bürgerschaftlichen Engagements entwickelt hat. „Die Grundidee hinter allem ist: Gemeinsam gegen einsam“, bekräftigt der Initiator. Gut 25 Seniorinnen und Senioren nutzen die Angebote der denkMal-Oase – ganz nach Lust und Laune und ohne jede Anwesenheitspflicht. „Mal kommen 5, manchmal 15 oder 20. Das weiß man nie genau.“
„Montags ist immer Seniorennachmittag und an jedem zweiten Freitag treffen sich unsere Online-Senioren“, berichtet Manfred Bruno Kayser. „Da werden dann die Smartphones gezückt.“ Denn die denkMal-Oase ist nicht nur für guten Kaffee und lange Plauder- und Spielenachmittage gut, sondern auch ein beliebter Lernort. Schülerinnen und Schüler des örtlichen Gymnasiums bringen Rentnerinnen und Rentnern bei, wie man richtig mit dem Smartphone kommuniziert, Apps nutzt und Fotos macht. „Wir haben alle immer ein kleines Notizbuch neben unserem Handy liegen“, verrät eine Seniorin. „Damit man zu Hause noch mal nachschauen kann, falls man was vergisst.“ Den Kaysers ist es wichtig, ältere Menschen digital fit zu machen. Auch deshalb wird die ansonsten eher nostalgisch anmutende Einrichtung im Oasen-Wohnzimmer seit Herbst 2021 durch ein großes interaktives Whiteboard ergänzt. „Die Sparkassenstiftung hat es gespendet und wir nutzen es mittlerweile für ganz verschiedene Dinge“, sagt Manfred Bruno Kayser. Beispielsweise zum Gucken von Videos und Bildern oder zum Surfen und Lernen im Internet. „Das Papier-Flipchart steht seitdem etwas einsam in der Küche.“ Im April 2022 ist es mit dem Ansinnen, ältere Menschen vor Ort mit digitaler Kompetenz auszustatten, einen großen Schritt vorangegangen.
„Unsere denkMal-Oase ist einer von deutschlandweit 50 Erfahrungsorten der bundesweiten Initiative DigitalPakt Alter“, erzählt Manfred Bruno Kayser nicht ohne Stolz. „Wir wurden in der zweiten Runde unter 161 Bewerbungen ausgewählt. Viele Orte liegen im ländlichen Raum, und ja, ich denke, auch Piesteritz ist ländlicher Raum, auch wenn die Lutherstadt Wittenberg sehr nah ist.“
Die wissbegierigen Online-Senioren der denkMal-Oase in Wittenberg-Piesteritz können nun also dank der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) und zehn Partnerorganisationen realisierten Initiative einen digitalen Schritt zulegen. „Und natürlich möchten wir gern Erstanwenderinnen und Erstanwendern die Hemmungen nehmen, im Alltag ein Smartphone oder Tablet zu benutzen“, beschreibt Manfred Bruno Kayser einen Wunsch für die Zukunft.
Initiative „DigitalPakt Alter“
Der DigitalPakt Alter will nach Angaben der Initiatoren die gesellschaftliche Teilhabe und das Engagement Älterer in einer digitalisierten Welt stärken – und das langfristig. Gemeinsam mit Partnerorganisationen aus allen gesellschaftlichen Bereichen sollen vielfältige Maßnahmen zur Stärkung der digitalen Teilhabe kooperativ und sektorenübergreifend vorangetrieben werden. Der Blick richtet sich hierbei auf ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben im Alter und umfasst die Handlungsfelder Wohnen, Mobilität, soziale Teilhabe, Gesundheit und Pflege sowie Quartier und Nachbarschaft. Im ersten Jahr 2021 wurde bereits ein niedrigschwelliges Förderprogramm für etwa hundert Erfahrungsorte gestartet. Mit einer Mikroförderung von je 3000 Euro wurden die ausgewählten lokalen Akteure unterstützt, die sich im Bereich des digitalen Kompetenzerwerbs für Ältere engagieren.
Video „denkmal-Oase präsentiert DigitalPakt Alter“
Im September 2023 wurde die Digitalstrategie von der Landesregierung Sachsen-Anhalt beschlossen. Mit über 150 Zielen und 18 Themenfeldern soll sie die digitale Transformation im Land vorantreiben.
Mit dem digitalen Wandel in der Arbeitswelt stehen alle Branchen des Landes vor Herausforderungen. Das „Zukunftszentrum Digitale Arbeit Sachsen-Anhalt“ unterstützt die Bewältigung dieser Herausforderungen.
Sachsen-Anhalt hat in den letzten Jahren große Fortschritte bei der Digitalisierung gemacht und arbeitet in verschiedenen Projekten aktiv an der digitalen Daseinsvorsorge.
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