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Der Daseinsvorsorge-Atlas von Hamburger Forschenden ist ein Planungstool für die menschliche Grundversorgung. Auf einen Klick gibt er Orientierung über Ärzte, Schulen, Läden und Bahn – und gestaltet damit Zukunft. Jetzt soll er wachsen.
Manchmal gelingt Innovation auch einfach dann, wenn zum passenden Zeitpunkt die passenden Menschen aufeinandertreffen. Beim Daseinsvorsorge-Atlas treffen im Jahr 2018 ein Forschungsteam aus acht Partnerinnen und Partnern und Fachleute des niedersächsischen Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung aufeinander. Diese Fachleute sind zuständig für die Daseinsvorsorge – für die flächendeckende Grundversorgung der Menschen, etwa mit medizinischen Einrichtungen, Kitas und Schulen, Einkaufsmöglichkeiten.
Das Wissenschaftsteam unter Leitung der Technischen Universität Hamburg arbeitet, ermöglicht vom Bundesforschungsministerium, zu diesem Zeitpunkt zum Thema: Wie lässt sich Daseinsvorsorge auch in dünn besiedelten Regionen zukunftsfähig und demografiefest gestalten? Schnell wird das Ministerium zu einem weiteren Partner, schnell entsteht die Idee, mit dem Daseinsvorsorge-Atlas ein praktisches Planungstool zunächst für Planende des öffentlichen Dienstes in Niedersachsen zu schaffen. Jetzt steht der Atlas vor dem Abschluss und soll ausgebaut werden. Wie, darüber beraten am 27. und 28. November Planende aus den Nachbarländern. Dann könnte sich der Atlas auch nach Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt oder Nordrhein-Westfalen ausweiten.
„Alles, was Menschen für ihren Alltag brauchen, sollte mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sein“, so beschreibt Niedersachsens Regionalministerin Birgit Hone eine nachhaltige Daseinsvorsorge. Diese schaffe Lebensqualität und schütze das Klima. „Ein gute Daseinsvorsorge garantiert die Vitalität des ländlichen Raums und macht ihn zukunftsfähig“, sagt die Politologin Susanne Schön vom Institut inter3, die dieses und ähnliche Projekte für das Bundesforschungsministerium begleitet. Das Netz aus Bildung, Medizin, Kultur und Handel entscheide schließlich auch darüber, ob Menschen weg- oder zuziehen.
Der Daseinsvorsorge-Atlas vermag die Basis für einen vitalen ländlichen Raum zu schaffen. Er ist zunächst: Eine digitale Karte, auf der die wichtigsten Einrichtungen verzeichnet sind: Kitas und Schulen, Krankenhäuser und Arztpraxen, Geschäfte, Rathäuser, Polizeidienststellen. Per Klick sichtbar wird deren Erreichbarkeit von jedem beliebigen Standort aus – zu Fuß und per Fahrrad, mit Bus und Bahn oder Auto. Verkehrsplanerin Charlotte Pusch, die Hamburger Projektmanagerin: „Auf dieser Grundlage sind nachhaltige Entscheidungen für neue Einrichtungen möglich.“
Digital erproben lassen sich auch Zukunftsszenarien: „Wenn ich beispielsweise einen Schulstandort schließe, sehe ich auf dem Bildschirm die Auswirkungen.“, so Hone. Wie lang wäre der Bildungsweg dann künftig für Schülerinnen und Schüler? Wären die anderen Schulen für alle mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar? Umfassend deutlich werden die Dimensionen dieses Tools auch für die Krankenhausplanung. „Per Klick lässt sich ein neuer Klinikstandort eintragen. Dann wird sichtbar, wie gut er für Kranke und deren Angehörige erreichbar ist. Es lässt sich ebenfalls kalkulieren, ob das Personal gut zur Arbeit kommt.“ In Zeiten des Fachkräftemangels ist dies kein unwesentliches Argument. Die Darstellung von Ist-Zustand und Zukunft überzeugte auch die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsens, die das Tool künftig für die Konzeption medizinischer Infrastruktur anwendet.
Der Daseinsvorsorge-Atlas soll eine Lücke für die regionale Entwicklung schließen. Bisher nutzen Planende einen Mix aus unterschiedlichen Informationen wie frei zugängliche Online-Maps und Karten – und eigene Kenntnisse bzw. Erfahrungen. „Wir haben aus diesem gefühlten Wissen Fakten gemacht“, so Charlotte Pusch. Während der Entwicklungsphase hat sie unter anderem unzählige Workshops und Interviews mit Planenden in Städten und Gemeinden durchgeführt, damit das neue Tool deren Anforderungen entspricht. Ein nicht unwesentliches technisches Detail: Als Open-Source-Software ist der Atlas direkt online nutzbar. Zentral verwaltet und betrieben wird er von der Niedersächsischen Landesregierung. Birgit Hone: „Auch das ist ein wichtiges Signal an die Kommunen im Land, dass wir sie bei der Daseinsvorsorge gut unterstützen.“
Derzeit erhält der digitale Atlas seinen Feinschliff. Unzählige Daten wurden eingestellt und codiert, nun noch einmal zur praktikablen Software vollendet. In wenigen Monaten soll das Tool dann zunächst für das Land Niedersachsen nutzbar sein. Weil Daseinsvorsorge indes nicht an Ländergrenzen endet, sucht Hone die Zusammenarbeit mit weiteren Bundesländern.
Für Verkehrsplanerin Charlotte Pusch endet in diesen Monaten ihre Forschungsarbeit am Atlas. Dass das digitale Tool weiterhin aktuell bleibt und ausgebaut werden kann, dafür sorgt dann eine Projektgruppe des Landes. Sie steuert, welche Informationen der Daseinsvorsorge weiterhin eingespeist werden. Pusch zieht auch ein ganz persönliches Fazit ihrer Forschungen. Den Stolz, etwas vielseitig Anwendbares geschaffen zu haben – und den Blick über ihr Fachgebiet hinaus. „Ich bin ja keine Software-Entwicklerin und habe dennoch an einem digitalen Tool mitgearbeitet.“ Geht es nach Birgit Hone, dann soll der Atlas auf bundesweite Dimensionen anwachsen. „Weil er ein tragfähiges Instrument ist, mit dem wir flächendeckend die Grundlage für gleichwertige Lebensverhältnisse von Stadt und Land legen können.“
(Meldung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 27. November 2019)
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