Ergebnisse der Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse und Deutschlandatlas vorgestelltBund
10.07.2019
Das Bundeskabinett hat am 10. Juli 2019 die Schlussfolgerungen aus der Arbeit der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ zur Kenntnis genommen und zwölf konkrete Maßnahmen des Bundes zur Umsetzung beschlossen, darunter auch den Gleichwertigkeits-Check für neue Gesetzesvorhaben. Die Schlussfolgerungen fassen die Ergebnisse der Arbeit der Kommission aus Sicht des Bundes zusammen. Sie sind der Auftakt zu einer zukünftigen aktiven Strukturpolitik. Ziel ist es, für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zu sorgen.
Die Aktivitäten der Bundesregierung sollen bereits in dieser Legislaturperiode erste Veränderungen bringen. Andere Ergebnisse werden mitunter erst mittelfristig spürbar sein.
Die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ wurde per Kabinettsbeschluss am 18. Juli 2018 eingesetzt, um Handlungsempfehlungen mit Blick auf unterschiedliche regionale Entwicklungen und den demografischen Wandel für gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland zu erarbeiten. Im September 2018 nahm sie unter Vorsitz des Bundesinnenministers ihre Arbeit auf. Co-Vorsitzende waren die Bundeslandwirtschaftsministerin und die Bundesfamilienministerin.
Bundesminister des Innern, für Heimat und Bau, Horst Seehofer:
„Deutschlands Vielfalt ist Deutschlands Stärke: Überall in unserem Land finden sich wirtschaftsstarke Regionen, Orte des kulturellen Lebens, lebendige Gemeinwesen. Diese Vielfalt und unsere dezentrale Struktur sind Teil unserer Erfolgsgeschichte. Vielfalt darf aber nicht zu ungleichen Chancen führen. Wenn Unterschiede in den Lebensverhältnissen zu einem Nachteil werden, muss sich die Politik kümmern. Bund, Länder und Kommunen müssen deshalb einen neuen Schulterschluss eingehen und eine aktive Strukturpolitik wagen. Den Auftakt dafür bilden die Schlussfolgerungen zur Arbeit der Kommission ‚Gleichwertige Lebensverhältnisse‘. Sie zeichnen einen Plan für Deutschland auf, der zur Gleichwertigkeit beitragen und langfristige Wirkung entfalten wird - weit über diese Legislaturperiode hinaus.“
Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner betont:
„Regionale Unterschiede in Deutschland dürfen nicht zu Nachteilen werden. Denn um als Bürger wirklich frei entscheiden zu können, wo und wie ich leben will, müssen überall Grundvoraussetzungen erfüllt sein. Es geht um wohnortnahe Kitas, Schulen und Ärzte, um gute Verkehrsanbindung und Nahversorgung, schnelles Internet, um Arbeitsplätze. Förderung muss daher eine Frage des Bedarfs, nicht der Himmelsrichtung sein. Auch, um die Überhitzung unserer Ballungszentren anzugehen. Als Bund werden wir künftig daher alle Gesetzesvorhaben auf ihre Wirkung für gleichwertige Lebensverhältnisse prüfen. Zudem loten wir rechtliche Möglichkeiten einer strukturellen Förderung ländlicher Räume aus. Entscheidend für die Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen ist auch das Ehrenamt, es ist der Kitt unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Diesen Standort- und Bleibefaktor wollen wir stärken, unter anderem in dem wir den Vereinen in Rechts- und Finanzfragen hauptamtliche Strukturen zur Seite stellen.“
Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey:
„Deutschland ist ein starkes Land, es geht uns aber nur dann gut, wenn es überall im Land gut geht. Gleichwertige Lebensverhältnisse erreichen wir nur, wenn die, die schon viel haben, bereit sind, nicht noch mehr zu bekommen, sondern zugunsten der Schwächeren solidarisch zu sein. Dazu legen wir heute einen Plan vor. Mit einem neuen gesamtdeutschen Fördersystem, von dem der Osten weiter stark profitiert und das sich gleichzeitig nicht an Himmelsrichtungen, sondern an Bedarfen ausrichtet. Damit schaffen wir eine Art „Solidarpakt III“ – mit neuen Förderstrukturen und Schwerpunkten. Deutschland ist nur dann stark, wenn wir vor Ort in den Kommunen gut aufgestellt sind. Mit den Beschlüssen machen wir den Ländern ein Angebot, die Frage der Altschulden zu lösen. Und wir werden investieren, um die großen sozialen Fragen des Landes stärker anzugehen. Sowohl beim sozialen Wohnungsbau als auch beim Ausbau der Kindertagesbetreuung werden wir das Engagement des Bundes auch langfristig fortführen. Eine Gesellschaft lebt von Menschen, die sich engagieren. Wir werden im Ergebnis der Kommission gemeinsam die „Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ gründen und damit Engagierte überall in Deutschland gezielt unterstützen.“
Die Schlussfolgerungen „Unser Plan für Deutschland - Gleichwertige Lebensverhältnisse überall“ aus der Arbeit der Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse umfassen 12 Schwerpunktbereiche:
Strukturschwache Regionen in ganz Deutschland gezielt fördern
Nach dem Auslaufen des Solidarpakts II wird die Bundesregierung die Maßnahmen des Bundes zur Förderung wirtschaftlich strukturschwacher Regionen in einem gesamtdeutschen Fördersystem bündeln.
Arbeitsplätze in strukturschwache Regionen bringen
Der Bund wird Neuansiedlungen und Ausgründungen von Behörden und Forschungseinrichtungen bevorzugt in strukturschwachen beziehungsweise vom Strukturwandel betroffenen Regionen vornehmen – und dort vorrangig in Klein- und Mittelstädten.
Breitband und Mobilfunk flächendeckend ausbauen
Der Bund unterstützt den Ausbau von Glasfasernetzen in Gebieten, in denen es für Unternehmen ohne staatliche Förderung nicht wirtschaftlich wäre. Hiervon profitiert gerade der ländliche Raum.
Mobilität und Verkehrsinfrastruktur in der Fläche verbessern
Ziel ist es, ein Mobilitätsangebot zu schaffen, das umweltfreundlich, flächendeckend, leistungsfähig, bezahlbar und nutzerorientiert ist. Dafür soll der öffentliche Personennahverkehr bundesweit besser vernetzt werden. Außerdem ist eine Öffnung des Rechtsrahmens für neue Angebote geplant, die den Linienverkehr stärken und ergänzen.
Dörfer und ländliche Räume stärken
Hierzu ist geplant, Investitionen in eine erreichbare Grundversorgung in ländlichen Räumen sowie attraktive und lebendige Ortskerne zu konzentrieren. Dabei sollen auch Gebäudeleerstände bekämpft werden.
Städtebauförderung und sozialen Wohnungsbau voranbringen
Der Bund wird sich an der Schaffung sozialen Wohnraums beteiligen und die Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau über das Jahr 2021 hinaus fortschreiben.
Eine faire Lösung für kommunale Altschulden finden
Grundsätzlich sind die Länder für die aufgabenadäquate Finanzausstattung der Kommunen verantwortlich. Der Bund kann einen Beitrag leisten, wenn es einen nationalen politischen Konsens gibt, den betroffenen Kommunen einmalig gezielt zu helfen. Die Bundesregierung wird Gespräche mit dem Deutschen Bundestag, den Ländern sowie den betroffenen Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden aufnehmen, um auszuloten, ob eine solche nationale Lösung möglich ist.
Engagement und Ehrenamt stärken
Hierzu gründet die Bundesregierung eine „Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt“, die ehrenamtlich Tätige durch Serviceangebote für die Organisation von bürgerschaftlichem Engagement und Ehrenamt und bei der Digitalisierung unterstützt.
Qualität und Teilhabe in der Kindertagesbetreuung sichern
Angebote im frühkindlichen Bereich, in der Grundschule, in der Jugendarbeit sowie in der Jugend- und Schulsozialarbeit sollen bedarfsgerecht ausgebaut und qualitativ weiterentwickelt werden. Dazu gehört auch, dass der Bund seine Verantwortung für die Qualität in der Kindestagesbetreuung über 2022 hinaus wahrnehmen wird.
Barrierefreiheit in der Fläche verwirklichen
Menschen mit Behinderungen gehören überall dazu und sind Teil der Gesellschaft. Um Barrierefreiheit in ganz Deutschland und insbesondere in strukturschwachen Regionen zu verbessern und eine inklusive Gesellschaft zu verwirklichen, sind ergänzende Maßnahmen erforderlich. Hierzu gehören zum Beispiel der Aufbau eines Unterstützungssystems für Länder und Kommunen sowie ein Bundesprogramm für mehr Barrierefreiheit.
Miteinander der Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen fördern
Der Bund wird Kommunen durch gute Rahmenbedingungen bei der Entwicklung einer sozialen Infrastruktur für ein Miteinander der Generationen unterstützen.
Gleichwertige Lebensverhältnisse als Richtschnur setzen
Der Bund wird künftig bei allen Gesetzesvorhaben prüfen, welche Wirkungen sie auf die Wahrung und Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland haben („Gleichwertigkeits-Check“).
Zur zukünftigen Strukturpolitik sollen unter anderem die klassische Wirtschaftsförderung, aber auch die Verbesserung von Infrastrukturen und der Daseinsvorsorge gehören sowie ein neues Miteinander von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Ziel ist es, den Menschen überall in Deutschland in allen Lebensphasen gute Lebensperspektiven und Chancen auf echte Teilhabe zu eröffnen. Unser Plan für Deutschland ist ein Modernisierungsprogramm für Stadt und Land, für Ost und West, für Nord und Süd, mit dem Wohlstand und Wachstum in unserem Land langfristig und in Zeiten des demografischen Wandels nachhaltig gesichert werden sollen. Dazu gehören vor allem Arbeitsplätze, bezahlbarer Wohnraum, zeitgemäße Mobilitätsangebote, eine starke digitale Infrastruktur, leicht erreichbare Einkaufsmöglichkeiten, eine gute Versorgung mit sozialer Infrastruktur wie Kitas, Schulen, Pflege- und Gesundheitseinrichtungen sowie lebendige Sport-, Kultur- und Freizeitangebote.
Neues Konzept zur Unterstützung strukturschwacher Regionen
Flankierend zur Arbeit der Kommission hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein Konzept zur Förderung strukturschwacher Regionen entwickelt.
Dazu erklärt Bundesforschungsministerin Anja Karliczek:
„Wir haben mit ‚Chancen.Regionen‘ ein Konzept entwickelt, das unsere vielfältigen Maßnahmen in Bildung, Forschung und Innovation bündelt. Herzstück ist eine spezifische Innovationsförderung, mit der wir neue Dynamiken in strukturschwachen Regionen anstoßen wollen. Dafür planen wir, bis 2024 rund 600 Millionen Euro bereitzustellen. Das ist unser Beitrag, den Zusammenhalt im Land zu stärken. Dieser ist zumindest an einigen Stellen brüchig geworden, auch durch die unterschiedliche regionale Entwicklung. Dem setzen wir uns für gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland entgegen.“
Beratung mit Ländern und Kommunen zur Umsetzung
Nachdem im ersten Schritt die Schlussfolgerungen aus Bundessicht vorgestellt wurden, wird nach der Sommerpause mit Ländern und Kommunen über weitere Schritte und über deren Rolle bei der Umsetzung beraten werden. Die Anliegen und Perspektiven der Länder und Kommunen sind schon in die Arbeit der sechs Arbeitsgruppen der Kommission eingeflossen. Darin waren fast alle Bundesressorts sowie Vertreterinnen und Vertreter der Länder und Kommunen beteiligt.
Deutschlandatlas – Karten zu gleichwertigen Lebensverhältnissen
Neben den Schlussfolgerungen wurde am 10. Juli 2019 auch der „Deutschlandatlas“ vorgestellt. Dieser stellt eine Bestandsaufnahme unseres Landes quer durch alle Lebensbereiche dar. Das Spektrum der auf Karten visualisierten Themen reicht von der Flächennutzung und Bevölkerungsstruktur über die Kommunalfinanzen bis hin zu Arbeit, Bildung und Einkommensverteilung sowie sozialen und kulturellen Aspekten. Damit wird eine weitere Erkenntnisgrundlage geschaffen, auf der passgenaue Lösungen mit dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse entwickelt werden können. Der Deutschlandatlas ist unter www.heimat.bund.de verfügbar.
Politik für gleichwertige Lebensverhältnisse ist Querschnittspolitik. Sie betrifft Bundesressorts, Länder und Kommunen und sie zielt auf sämtliche Lebensbereiche und auf alle Altersgruppen. Staatliches Handeln in der Daseinsvorsorge soll für alle Menschen an allen Orten des Landes deutlicher als bislang wahrnehmbar sein. Politik wird sich in Zukunft noch mehr als bisher daran messen lassen müssen, ob Gesetze, Projekte und Strategien nachhaltig auf die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse wirken und diese befördern. Darüber wird ein Staatssekretärsausschuss wachen und somit das Regierungshandeln beeinflussen und verändern.
(Quellen: Pressemitteilung des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat vom 10. Juli 2019, Meldung des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung vom 10. Juli 2019, Pressemitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 10. Juli 2019)
Ergebnisse der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“
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