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Meldung des Bundesministeriums der Finanzen vom 1. Juni 2016
Unter dem Motto „Demografie als Herausforderung für die öffentlichen Finanzen – Der Vierte Tragfähigkeitsbericht des BMF“ waren Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zur BMF–Tragfähigkeitskonferenz eingeladen, um Gestaltungsansätze zur Bewältigung des demografischen Wandels im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher Verantwortung und finanzieller Realität zu diskutieren.
Der Leiter der Grundsatzabteilung im Bundesministerium der Finanzen, Dr. Ludger Schuknecht, eröffnete die Konferenz und erklärte eines ihrer Ziele: die Aufmerksamkeit auf die langfristige Entwicklung unserer Gesellschaft lenken und heute mit vorausschauender Politik die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen.
Im ersten Programmteil erörterten Bundesfinanzminister Dr. Schäuble und der bekannte britische Soziologe Prof. Colin Crouch die Frage, ob und wie eine kurzfristige Orientierung der Tagespolitik die nachhaltige Verfolgung langfristiger Politikansätze erschweren kann.
Hierzu stellte Prof. Crouch einleitend fest, dass sich schon aus Wahlzyklen ein kurzfristiges Agieren anstelle von langfristigen Politikansätzen ergeben könne. Politische Interessen könnten vor diesem Hintergrund von den Interessen der Bevölkerung abweichen. Dies könne sich beispielsweise in einer kurzfristig angelegten expansiven Schuldenpolitik niederschlagen. Der Bundesfinanzminister bestätigte das Dilemma zwischen Kurz- und Langfristorientierung in der Politik und wies darauf hin, dass Politik letztlich immer Mehrheiten brauche, um erfolgreich zu sein. Vor diesem Hintergrund hoben beide die Bedeutung unabhängiger Institutionen wie zum Beispiel der Europäischen Zentralbank oder in Deutschland des Bundeskartellamtes hervor, die losgelöst von politischen Macht- und Mehrheitsverhältnissen entsprechend ihrer jeweiligen Rolle autarke Entscheidungen träfen, sich aber auch der öffentlichen Kritik stellen müssen.
Der Bundesfinanzminister wies abschließend darauf hin, dass in guten Zeiten die Abwehr langfristig unangemessener Forderungen an die Politik schwierig sei. Dann könne ein kurzer Entscheidungshorizont der Politik auch als Korrektiv zu Fehlschlüssen aus langfristigen Fortschreibungen und Prognosen wirken. Die gegenwärtig gute Entwicklung sieht der Bundesfinanzminister als Anlass für Optimismus.
Im zweiten Programmteil analysierte der Präsident des Münchner ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Prof. Clemens Fuest, die Herausforderungen der demografischen Entwicklungen für die langfristige Sicherung solider Staatsfinanzen.
Er identifizierte dabei die massiven Risiken, die der demografische Wandel vor allem durch den Anstieg des Altenquotienten bringt. Die Veränderung der Altersstrukturen hätten notwendigerweise ungünstige Wirkungen auf Umlagesysteme und das langfristige Wirtschaftswachstum. Qualifizierte Zuwanderung könnte laut Prof. Fuest ein Lösungsbeitrag sein. Mit Blick auf die jüngste Zuwanderungssituation in Deutschland unterstrich er die Bedeutung von Bildung. Eine späte oder nur unzureichende Integration in den Arbeitsmarkt könne große Wirkung für Wachstum und die öffentlichen Finanzen haben. Bezogen auf die sozialen Sicherungssysteme warnte Prof. Fuest vor einem Zurückdrehen der Reformen der Alterssicherung. Vielmehr seien Arbeitsmarktpartizipation, Produktivität, ausgeglichene Haushalte und hoch qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt politische Ansatzpunkte.
In einer abschließenden Panel-Diskussion erörterten Dr. Markus Kerber, Prof. Dr. Norbert Schneider, Prof. Dr. Jürgen Wasem, Prof. Dr. Martin Werding und der Parlamentarische Staatssekretär Jens Spahn demografiebedingte Kosten und Gestaltungsansätze und beantworteten Fragen dazu aus dem Kreis der rund 200 Konferenzteilnehmer. Einigkeit bestand darüber, dass die Rentenreformen der Jahre 2001 bis 2007 die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in Deutschland wesentlich verbessert haben. Es wurde diskutiert, inwieweit im Gesundheitsbereich finanzielle Risiken vom technischen Fortschritt ausgehen, ob in der Familienpolitik nicht Infrastruktur ein sinnvollerer Schwerpunkt ist als finanzielle Zuwendungen und wie wichtig adäquate Arbeitsangebote für Mütter sind ebenso wie die Unterstützung junger Menschen, um Schulabbrüche zu vermeiden. Der Tragfähigkeitsbericht des BMF gibt in dieser Diskussion Orientierung. Seine Daten sind nicht populär, aber er kann als Instrument gegen Populismus dienen, so Prof. Werding.
In seinem Schlusswort hob Jens Spahn die fiskalische Tragfähigkeit als wichtiges Anliegen der Generationengerechtigkeit hervor. Im letzten Jahrzehnt seien viele Schritte in die richtige Richtung getan worden. Reformen bedeuten nicht, einfach zu sparen, sondern umzudenken.
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