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Aktuelle Meldung von FamilienForschung Baden-Württemberg vom 2. Juli 2015
Was ist zu tun in den Städten und Gemeinden im Land, wenn in wenigen Jahren jeder dritte Einwohner über 60 Jahre alt ist und die Zahl der Hochbetagten, Hilfe- und Pflegebedürftigen stark zunimmt? Was ist zu tun in Gemeinden und Regionen, in denen junge Menschen abwandern und auch nicht mehr genügend Familien nachziehen? Was ist zu tun, wenn es den Unternehmen nicht mehr gelingt, die dringend benötigten Fachkräfte in die Region zu holen? Pflegeheime allein, Neubau- und Gewerbegebiete helfen hier nicht weiter.
21 Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg entwickeln zu diesen Fragen derzeit kommunale Zukunftskonzepte. Die Zukunftskonzepte stecken die notwendigen Ziele, Maßnahmen und Prioritäten für die nächsten Jahre ab und werden von den Gemeinderäten formell beschlossen. Damit es nicht nur beim Beschluss bleibt, wird die Umsetzung in den Kommunen von unabhängigen Experten begleitet, jährlich mit den Beteiligten und Bürgern vor Ort überprüft und mit einem Qualitätssiegel gewürdigt. 14 der 21 Städte und Gemeinden haben bereits das Qualitätssiegel „Familienfreundliche, bürgeraktive & demografiesensible Kommune“ erreicht. Die anderen Kommunen wollen im Herbst folgen.
Kommunales Managementverfahren heißt das Programm, wird im Auftrag des Sozialministeriums Baden-Württemberg durchgeführt und arbeitet ganz ähnlich wie ein Audit im Unternehmensbereich. „Die Kommunen, die uns anfragen, wollen ein fundiertes Zukunftskonzept, das mit dem Gemeinderat und weiteren Beteiligten umgesetzt wird“, erläutert Jens Ridderbusch, Leiter der Geschäftsstelle Demografiemanagement beim Statistischen Landesamt. „Wir helfen vor Ort dabei, die vielen Akteure effizient einzubinden, auch die Bürger einzubinden und die Beteiligten immer wieder freundlich anzustupsen, dass die Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden. Dabei hilft uns das neue landesweite Qualitätssiegel, denn das schafft eine hohe Motivation und Verbindlichkeit“, so Ridderbusch.
Neben der 12-monatigen intensiven Vor-Ort-Begleitung sind die Kommunen dauerhaft in ein landesweites Demografienetzwerk eingebunden. Bürgermeister, Gemeinderäte sowie interessierte Bürger aus den örtlichen Projektgruppen werden vierteljährlich zu Netzwerk-tagungen eingeladen. Am vergangenen Montag haben sich die 21 Kommunen gemeinsam in Bad Wildbad angeschaut, wie man mehr seniorengerechte Wohnungen im Ortskern schaffen kann, wie man Bürgernetzwerke, Bürgerstiftungen, Familien- und Generationentreffs gründet, die sich um das Zusammenleben im Ort kümmern, und wie attraktive Busverbindungen im ländlichen Raum aussehen können. „Das muss man sich einfach mal vor Ort angeschaut haben, wie kundenfreundlich und flexibel der neue Rufbus Centro im Landkreis Calw ist“, so Ridderbusch. „Wir haben drei Rufbusse bestellt und sind mit allen Teilnehmern, Bürgermeistern und Gemeinderäten losgefahren. Da kommt man zu Hause auf ganz andere Ideen, wie innovativer Nahverkehr im Ländlichen Raum aussehen kann.“
Zurück zu Hause geht es an die Umsetzung der Zukunftskonzepte und beschlossenen Maßnahmen. So wird in der Stadt Buchen (Neckar-Odenwald-Kreis) beispielsweise ein Bewegungspark und Treffpunkt für Familien und alle Generationen entstehen, der durch das Engagement der Dietmar-Hopp-Stiftung ermöglicht wird. Gleichzeitig soll eine Infobörse für freiwerdende Immobilien aufgebaut werden, um Gebäudeleerständen in den Ortsteilen entgegenzuwirken. Zudem soll mit den örtlichen Unternehmen eine Initiative entwickelt, um junge Fachkräfte stärker an die Region zu binden. Auch für den Stadtbus, der bislang nur drei der 14 Ortsteile verbindet, wird eine bessere Lösung gesucht.
Und auch die anderen Kommunen arbeiten an ähnlichen Themen. Die Gemeinde Salach (Landkreis Göppingen) etwa plant ebenfalls einen Generationentreff, der auch für Jugendliche dringend benötigte Räume bieten soll. Das Ärzte- und Gesundheitszentrum steht kurz vor der Eröffnung und soll die ärztliche Versorgung im Ort langfristig sichern. Weiter will Salach die Aufenthaltsqualität in der dicht bebauten Ortsmitte sowie die örtliche Busverbindung verbessern. Dabei hat Salach bereits einen innovativen Busverkehr: Hier haben sich die Bürger zusammengeschlossen und fahren ehrenamtlich einen „Bürgerbus“, der regelmäßig verkehrt und wohnortnahe Haltestellen anfährt. „Das ist besonders für den ländlichen Raum ein interessantes Modell, das zur Nachahmung zu empfehlen ist“, so Ridderbusch.
Insgesamt zeigt sich, dass die meisten guten Lösungen nur gelingen können, wenn Gemeinderat, Verwaltung, Bürgerschaft und örtliche Wirtschaft an einem Strang ziehen. „Ob altersgerechtes Wohnen, Generationentreff, Bürgerbus oder Fachkräftesicherung, nur die Kommune allein kann es nicht schaffen“, so Ridderbusch. „Alle müssen mit anpacken. Nur zusammen kann man die Zukunft der Kommune gewinnen.“
Unter dem Leitmotto „familienfreundlich, bürgeraktiv, demografiesensibel“ unterstützt das Kommunale Managementverfahren Baden-Württemberg derzeit 21 Städte und Gemeinden dabei, die Folgen des demografischen und gesellschaftlichen Wandels anzugehen und geeignete kommunale Zukunftskonzepte auf den Weg zu bringen. 14 Kommunen haben bereits das Qualitätssiegel erreicht: Allmersbach, Bad Saulgau, Bad Wildbad, Buchen, Burgstetten, Emmingen-Liptingen, Güglingen, Ingersheim, Müllheim, Salach, Spraitbach, Steinmauern, Unlingen und Unterensingen. Weitere Kommunen wollen folgen: Friedenweiler, Forbach, Külsheim, Künzelsau, Lahr, Mauer, Sulz am Neckar.
Das Projekt wird vom Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg gefördert und in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, dem Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag Baden-Württemberg, dem Kommunal-verband für Jugend und Soziales, der Akademie Ländlicher Raum sowie der Familien-Forschung des Statistischen Landesamtes umgesetzt.
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