Rede von Cornelia Rogall-Grothe, Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, auf dem Berliner Demografie Forum am 10. Januar 2013
Gemeinsam die Zukunft gestalten
Cornelia Rogall-Grothe
Sehr geehrte Kolleginnen,
sehr geehrter Kollege,
sehr geehrter Herr Botschafter,
sehr geehrte Damen und Herren,
vor einem Jahr hat Ihnen der Bundesinnenminister auf dem ersten Berliner Demografie Forum die Demografiepolitik der Bundesregierung vorstellt.
Seitdem hat sich viel getan. Wir sind bedeutende Schritte weitergekommen auf unserem Weg, eine gemeinsame Demografiepolitik für ganz Deutschland in Gang zu setzen.
Denn für die Bundesregierung ist die aktive Gestaltung des demografischen Wandels – weniger, älter und internationaler – in unserem Land neben der Globalisierung eine der wichtigsten politischen Herausforderungen im 21. Jahrhundert. Das hat die Bundeskanzlerin mehr als einmal in ihren Reden unterstrichen.
Entscheidend wird für uns alle sein, welche Konsequenzen wir aus diesen Veränderungen ziehen.
Dafür müssen wir heute die richtigen Weichen stellen. Wir brauchen langfristige Ziele und eine strategische Ausrichtung der Aufgaben von der Bundesebene bis zu den Kommunen.
Das ist ein Prozess, der Zeit braucht und die Bereitschaft zu Veränderungen. Denn es geht darum, wie wir in Zukunft leben wollen.
Neben einer konkreten Strategie gehört dazu aber auch die Bereitschaft der Menschen in unserem Land, sich für die Gesellschaft zu engagieren und Verantwortung für andere zu übernehmen, jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten.
Hierfür brauchen wir eine gelebte Solidarität zwischen Jung und Alt, zwischen Reich und Arm, zwischen Menschen mit und ohne Behinderung, zwischen Einheimischen und Hinzugezogenen und zwischen den Bewohnern der ländlichen Regionen und der Ballungszentren.
Solidarität erwächst aus gegenseitigem Verständnis, Toleranz und der Fähigkeit, sich in die Lebenssituation anderer einzufühlen. Eine derartige Kultur können wir staatlich nicht verordnen.
Aber wir können diese Entwicklung unterstützen, indem wir dazu beitragen, Barrieren abzubauen und gute Voraussetzungen für soziales Engagement zu schaffen.
Ein bedeutender Meilenstein auf dem Weg zu einer gemeinsamen Demografiepolitik für unser Land war am 25. April 2012 die Verabschiedung der Demografiestrategie der Bundesregierung „Jedes Alter zählt“.
In ihr verfolgen wir einen ressortübergreifenden Ansatz und beschreiben Handlungsfelder, in denen die Bundesregierung mit Ländern und Kommunen, Verbänden, Sozialpartnern und anderen Organisationen der Zivilgesellschaft gemeinsame Lösungen entwickeln und umsetzen will.
Dabei stehen die Lebensbereiche wie die Familie, das Arbeitsleben und das Leben im Alter im Mittelpunkt. Aber auch Maßnahmen für die vom demografischen Wandel besonders betroffenen Regionen oder Maßnahmen zum Erhalt der Funktionsfähigkeit des Staates stehen hier auf der Agenda.
Der demografische Wandel zieht sich als Querschnittsthema praktisch durch alle Politik- und Lebensbereiche und er betrifft alle politischen und gesellschaftlichen Ebenen. Viele Maßnahmen und Vorschläge aus der Demografiestrategie sind nur gemeinsam mit den Ländern, Kommunen, der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft umsetzbar. Diese Vielfalt der beteiligten Akteure erfordert einen breit angelegten Dialogprozess. Dessen ist sich die Bundesregierung bewusst.
Politische Weichenstellungen im Bereich der Bevölkerungsentwicklung wirken äußerst langfristig.
Die Demografiestrategie ist deshalb kein temporäres Bundesprogramm, sondern der Beginn eines Prozesses, der nicht mit dieser Legislaturperiode endet, sondern deutlich darüber hinaus geht.
Diesen Dialog haben wir am 4. Oktober auf dem ersten Demografiegipfel gestartet. In Berlin dabei waren die Bundeskanzlerin und zahlreiche Kabinettsmitglieder sowie mehr als 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen gesellschaftlichen Gruppen. Es ist ein großer Erfolg, dass es gelungen ist, die vielen Partner unter einem Dach zusammen zu bringen.
Auf dem Gipfel haben wir zu zentralen Fragestellungen des demografischen Wandels neun Arbeitsgruppen gebildet. In ihnen arbeiten Vertreter aller staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen engagiert und ambitioniert zusammen.
Die Arbeitsprogramme der neun Arbeitsgruppen sind sehr breit gefächert. Damit Sie sich von diesem Arbeitsgruppenprozess ein Bild machen können, möchte ich Ihnen nur einige Arbeitsschwerpunkte kurz vorstellen:
Wir können die Bedeutung der Familien in unserem Land nicht genug betonen. Dabei rückt immer stärker in den Blickpunkt, dass das Familienleben Zeit erfordert. Ein gelingendes Familienleben braucht eine Arbeitswelt, die sich verstärkt an den Bedürfnissen der Familien orientiert. Zentrales Element auf diesem Weg ist der Faktor Zeit. Nachhaltige Familienpolitik heißt für uns deshalb, Zeit für Familie zu schaffen. Daher beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit konkreten Vorschlägen zur „Zeitpolitik für Familien“. Dabei geht es nicht nur um familienfreundliche Zeitmodelle für die Arbeitswelt, sondern auch um hochwertige Betreuungsangebote vor Ort und familienunterstützende, haushaltsnahe Dienstleistungen. Gemeinsam mit den Beteiligten vor Ort wollen wir Bedingungen schaffen, die den Menschen eine Entscheidung für Kinder erleichtern.
Bereits heute stehen – insbesondere auch in Ostdeutschland – viele ländliche Regionen vor besonderen Herausforderungen. Sie leiden unter einer überdurchschnittliche Bevölkerungsabnahme und einer raschen Alterung. Aus vielen bemerkenswerten Initiativen vor Ort wissen wir, dass ein Schwerpunkt der Arbeit am demografischen Wandel in den Kommunen liegt. Bund und Länder können durch eine Politik des „Zulassens“ und des „Förderns“ die Kommunen bei dieser Arbeit unterstützen.
Daher befasst sich eine weitere Arbeitsgruppe mit Fragestellungen zu gleichwertigen Lebensverhältnissen und fairen Entwicklungschancen in ländlichen und städtischen Regionen.
Gerade vor dem Hintergrund der demografischen Veränderungen wollen wir ein lebenswertes Land bleiben, das Wohlstand für Alle ermöglicht. Deshalb stehen bei uns Bildung und Ausbildung am Ausgangspunkt jeder Politik für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Daher befasst sich eine Arbeitsgruppe mit der Fachkräftesicherung in unserem Land. Schwerpunkte sind hier u. a. die berufliche Integration von Arbeitslosen und die Qualifizierung junger Erwachsener ohne Berufsabschluss sowie bessere Voraussetzungen für die Berufstätigkeit von Frauen durch die stärkere Verbreitung ansprechender Arbeitszeitmodelle.
Das ist nur eine kleine Auswahl aus den Arbeitsprogrammen der Arbeitsgruppen. Auf dem zweiten Demografiegipfel am 14. Mai 2013 wollen wir die dort entwickelten Lösungsansätze vorstellen. Hier erwarte ich erste Resultate in Form von konkreten Maßnahmen oder detaillierten Handlungsempfehlungen, die wir zeitnah und – soweit möglich – auch gemeinsam umsetzen werden.
Ein breiter gesellschaftlicher Konsens ist für eine erfolgreiche Demografiepolitik eine unerlässliche Voraussetzung. Der von der Bundesregierung gestartete Gipfelprozess bietet das Forum, um dieser verantwortungsvollen Aufgabe gerecht zu werden. Er wird auch über den zweiten Gipfel hinaus weitergehen. Ich gehe davon aus, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern auf dem zweiten Gipfel vereinbaren, welche weiteren Schwerpunkte und Schritte wir setzen wollen.
Der Dialog als Kernstück der Demografiepolitik kann und soll jedoch nicht nur in den Arbeitsgruppen oder auf den Gipfeltreffen stattfinden. Denn wir wollen einen breiten Bewusstseinswandel anstoßen und das Thema in den Köpfen der Bürgerinnen und Bürger präsenter und konkreter werden lassen.
Zu unserem Dialog gehört deshalb auch das vom Bundesinnenministerium neu eingerichtete Demografieportal „Politik für alle Generationen“, das auf dem Gipfel am 4. Oktober vorgestellt wurde.
Ich freue mich, dass sich viele Interessierte mit engagierten Beiträgen im Portal zu Wort melden. Das zeigt, wie wichtig das Thema für uns alle ist.
Der demografische Wandel ist Ausdruck von Veränderung und Fortschritt in unserer Gesellschaft und kann für uns alle eine große Chance sein. Dazu braucht es Mut, Fantasie und die Bereitschaft zur Veränderung. Auf allen Ebenen müssen die Akteure „Hand in Hand“ tätig werden.
Ich bin davon überzeugt, dass uns gemeinsam die Anpassung an eine „weniger und älter“ werdende Gesellschaft in allen Bereichen gelingen wird.
Der Bericht beschreibt die demografische Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die einzelnen Lebens- und Politikbereiche, stellt die bisher eingeleiteten Maßnahmen des Bundes ressortübergreifend dar und zeigt künftige Handlungsschwerpunkte auf.
Pressemitteilung des Bundesministerium des Innern vom 04.10.2012
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