Die Generationen älterer Lesben, Schwuler, Trans*, Inter und queerer Personen haben Rechte erkämpft und gesellschaftliche Fortschritte mitgestaltet. Sie wollen auch im Alter selbstbestimmt leben und respektiert sein. Das Hamburger Pilotprojekt „Älterwerden unterm Regenbogen“ entwickelt gemeinsam mit Haupt- und Ehrenamtlichen der Senior*innenarbeit LSBTIQ*-freundliche Angebote in Senior*innen-Treffs.
Das Projekt widmet sich einer oft übersehenen Bevölkerungsgruppe: ältere Menschen aus der LSBTIQ*-Community. Die Initiative wurde ins Leben gerufen, um bestehende Räume der Offenen Senior*innenarbeit für queere Senior*innen zu öffnen, die mit den spezifischen Herausforderungen des Alterns in einer heteronormativen Gesellschaft konfrontiert sind. Viele von ihnen haben im Laufe ihres Lebens Diskriminierung und Ausgrenzung bis hin zu Strafverfolgung erlebt und sind nicht bereit, sich diesen Erfahrungen im Alter erneut auszusetzten. Gerade in der Gruppe der über Sechzigjährigen ist Queer-Feindlichkeit stark verbreitet.
„Älterwerden unterm Regebogen“ gibt Einrichtungen der Offenen Senior*innenarbeit Impulse zur Öffnung für queere Ältere. Das Projekt arbeitet zum Beispiel mit Freizeittreffs, Tagestreffpunkten oder Stadtteilgruppen für Ältere zusammen, die sich für lesbische, schwule, bisexuelle, transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und queere Menschen sowie Menschen mit HIV öffnen wollen. Für diese werden passgenaue Workshops und Fortbildungen angeboten und das Projekt steht mit Rat und Tat zur Seite, wenn es darum geht, eine vielfaltsfreundliche Willkommenskultur zu gestalten.
Ein wichtiger Baustein des Projekts ist der enge Bezug zu den Menschen und Einrichtungen der LSBTIQ*-Communitys, um die Interessen und Wünsche, Vorstellungen und Bedarfe von älteren LSBTIQ*-Menschen zu sammeln und zu bündeln. Gemeinsam mit den Zielgruppen werden Vorschläge und Ideen für konkrete Angebote in Treffs entwickelt und dort umgesetzt.
Was sind die Ziele des Projekts?
Zum einen werden Einrichtungen und Mitarbeitende der Offenen Senior*innenarbeit beraten, weitergebildet und unterstützt, um Treffs zu sozialen Orten für ältere LSBTIQ*-Menschen weiterzuentwickeln. Zum anderen sind queere Ältere angeregt und bestärkt, zusammenzukommen, um sich selbstbestimmt mit Fragen des Älterwerdens auseinanderzusetzen, aktiv zu werden und sich ihren Raum zu nehmen. Jede Biografie, jede Person ist anders – der Austausch mit Menschen in ähnlichen Lebenssituationen und Lebenslagen kann Kraft geben und Ideen hervorbringen und Einsamkeit verhindern.
Wie soll das erreicht werden?
Das Projekt lädt zu Beteiligungs-Workshops, Aktionen und Veranstaltungsreihen mit und für Menschen aus den verschiedenen Communitys ein. Es soll herausgefunden werden, welche Angebote und Räume für ein selbstbestimmtes Alter(n) konkret gebraucht werden. Bereits bestehende Gruppen und deren gute Ideen, sollen mit Einrichtungen wie Treffs oder kulturellen Zentren für Ältere zusammengebracht werden.
Warum sind Angebote für ältere LSBTIQ* nötig?
Ältere Menschen der LSBITQ*-Community haben im Laufe ihres Lebens Ausgrenzung und Diskriminierung bis hin zu staatlicher Verfolgung erlebt oder mussten diese befürchten. Zu den allgemeinen Herausforderungen des Alter(n)s kommt die Sorge vor einer erneuten Stigmatisierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität hinzu. Viele ältere LSBTIQ*-Personen befürchten, sich immer wieder erklären zu müssen, nur weil sie nicht einer gesellschaftlichen Mehrheitsnorm entsprechen. Das zehrt an den Kräften. Daher gibt es einen Bedarf an geschützten Räumen unter Menschen mit ähnlichen Erfahrungen und Biografien und geschultem Personal. Diese Räume werden auch in der Offenen Senior*innenarbeit gebraucht.
Die heute siebzig- bis achtzigjährigen LSBTIQ* haben als Aktivist*innen für gleiche Rechte gekämpft und unsere Gesellschaft entscheidend auf dem Weg zu mehr Demokratie und Freiheit mitgestaltet, das heute bestehende Beratungs- und Hilfesystem mit aufgebaut und zu kultureller Vielfalt beigetragen. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sie im Alter diskriminierungsfreie Freizeit- und Begegnungs- und Beratungsangebote in ihrem Wohnumfeld vorfinden.
Wie können Einrichtungen das leisten?
Ein erster Schritt ist, dass Haupt- und Ehrenamtliche in der Offenen Senior*innenarbeit Kenntnisse über Lebensrealitäten, biografische Hintergründe und Erfahrungen von LSBTIQ* erlangen und sich mit strukturellerer Diskriminierung auseinandersetzen. Hierfür bietet das Projektteam Fortbildungen und Workshops an. Das Projekt begleitet zwei Treffs und unterstützt diese dabei, ihre Willkommenskultur zu erweitern, und Angebote für ältere LSBTIQ* zu entwickeln und umzusetzen.
Was kann das konkret sein?
Im ersten Projektjahr werden niedrigschwellige Veranstaltungen wie „Kaffeeklatsch unterm Regenbogen“ und „Abendbrot unterm Regenbogen“ als monatliche beziehungsweise vierzehntägige Angebote in einzelnen Treffs initiiert sowie das Screening eines queeren Films in verschiedenen Senior*innen-Treffs. In einem weiteren Treff gibt es einen Spieleabend für Lesben. Denkbar sind weiterhin ein Regenbogen-Frühstückstreff, eine schwule Freizeitgruppe oder Sportangebote für Trans- oder Intergeschlechtliche. Oder es wird ein Film mit einer queeren Handlung gezeigt. Angestrebt sind wiederkehrende Angebote, die gemeinsam mit Menschen aus den Communitys gestaltet werden, damit Senior*innen-Treffs nachhaltig zu Räumen für LSBTIQ* werden.
Teil der Willkommenskultur ist es, Flyer von Beratungsstellen vorzuhalten und Plakate mit LSBTIQ*-Veranstaltungen prominent auszuhängen. Schon im Schaufenster muss deutlich werden, dass LSBTIQ* eingeladen sind. Die Treffleitungen sind Ansprechpartner*innen für Impulse aus der queeren Community und kommunizieren die neuen Angebote im Treff und in den entsprechenden Netzwerken. Sie sind mit Beratungsangeboten für LSBTIQ* vertraut und können an diese verweisen.
Was trägt das Projekt „Älterwerden unterm Regenbogen" dazu bei?
Das Projekt begleitet derzeit zwei Treffs und unterstützt diese dabei, ihre Willkommenskultur zu erweitern, und Angebote für ältere LSBTIQ* zu entwickeln und umzusetzen. In Workshops werden geeignete Veranstaltungsformate erarbeitet, die Umsetzung wird zu Beginn vom Projektteam unterstützt.
Im Projektteam arbeiten Menschen mit lesbischer, schwuler und trans-Biografie. Mit ihren Erfahrungen und Kontakten stellen sie den Zugang zu LSBTIQ*-Personen und Gruppen her. Sie wissen um Themen der Zielgruppen und können so zielgerichtet Wünsche und Bedarfe zusammentragen.
Wer kann sich an das Projekt wenden?
Alle Fachkräfte, Hauptamtliche und Ehrenamtliche in der Offenen Senior*innenarbeit, die in ihren Einrichtungen eine Willkommenskultur für ältere LSBTIQ*-Menschen etablieren möchten. Alle älteren Lesben, Schwule, Bi-, Trans* und Inter-Personen sowie Menschen mit HIV sind eingeladen, Ideen und Aktionen zu entwickeln, um sich soziale Räume in der Altenarbeit zu erschließen oder auszubauen. „Älterwerden unterm Regenbogen“ ist ein Projekt aus der Community für die Community.
Alissa von Malachowski spricht im Interview über ihre Arbeit als Projektleiterin des Hamburger Projekts „Refugee Sisters“, das queere geflüchtete Frauen unterstützt.
Unsere Gesellschaft und auch das Familienleben werden zunehmend vielfältiger. In Hamburg bietet das Regenbogenkinderfest einen Raum, um queere Familien sichtbar zu machen, die Vernetzung zu fördern und Kindern Identifikationsmöglichkeiten zu bieten.
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