Basis für gute Lebensbedingungen in Stadt und Land sind leistungsfähige Kommunen mit einem hohen Maß an Entscheidungsfreiheit vor Ort, eine verlässliche öffentliche Daseinsvorsorge, eine starke Wirtschaft und eine engagierte Zivilgesellschaft. Es gilt daher, mit einer aktiven Struktur- und Regionalpolitik konkret und ganzheitlich strukturschwache Regionen zu unterstützen – es gilt, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen.
Ziel der Bundesregierung ist es, eine Politik für gleichwertige Lebensverhältnisse weiter zu implementieren und das Themenfeld zu entwickeln. Die Politik für gleichwertige Lebensverhältnisse betrifft dabei die unterschiedlichsten Politikbereiche. Mit den nachfolgend skizzierten Maßnahmen können Ungleichgewichte zwischen Ost und West, Nord und Süd, zwischen prosperierenden und strukturschwachen Regionen, solchen mit Zuzug und solchen mit stärkerer Abwanderung vermindert werden, um ländliche wie städtische Regionen nachhaltig attraktiv, lebenswert und vielfältig zu gestalten.
Gleichwertige Lebensverhältnisse als Querschnittsaufgabe
Zwischenbilanz 2022 und Ausblick gleichwertige Lebensverhältnisse
Mit aktiver Strukturpolitik unter der gemeinsamen Zielsetzung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse soll unser Land für die Zukunft modernisiert und der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt werden. Es geht um konkrete Verbesserungen in vielen Lebensbereichen für die Menschen vor Ort. Die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ aus Bund, Ländern und Kommunen hat bereits 2021 vielfältige Handlungsvorschläge erarbeitet. Mit der Umsetzung von zwölf konkreten Handlungsmaßnahmen wurde daraufhin unmittelbar begonnen und vieles ist umgesetzt, zeigt Wirkung oder ist permanente Aufgabe.
Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse bleibt auch in der Zukunft als Querschnittsaufgabe aller Akteure aus Bund, Ländern, Kommunen, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und den Menschen in ihrer Region bestehen. Die Bundesregierung wird 2024 erstmals einen Gleichwertigkeitsbericht vorlegen. Dieser soll sich zum zentralen Bericht der Bundesregierung zum Themenfeld „gleichwertige Lebensverhältnisse“ entwickeln.
Gleichwertigkeits-Check
Die Bundesregierung hat im Jahr 2019 als eine prioritäre Maßnahme zur Umsetzung der Ergebnisse der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ die Einführung des sogenannten Gleichwertigkeits-Checks beschlossen. Bei Gesetzesvorhaben des Bundes wird im Rahmen der Gesetzesfolgenabschätzung nunmehr anhand verschiedener Faktoren und mittels beispielhafter Prüffragen geprüft, ob und wie sie gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland wahren und fördern. Die Auseinandersetzung mit dem Thema ist Teil einer umfassenden und ausgewogenen Darstellung der Gesetzesfolgen und insoweit auch ein Beitrag zu besserer Rechtsetzung.
Regionale Strukturpolitik
Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ und Gesamtdeutsches Fördersystem
Zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse leistet die regionale Strukturpolitik der Bundesregierung wichtige Beiträge. Ihr zentrales Instrument, die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW), hat die Bundesregierung 2022 gemeinsam mit den Ländern neu ausgerichtet. Mit der Reform werden auch Erfordernisse, die sich aus dem demografischen Wandel ergeben, adressiert. So werden im Rahmen der GRW-Neuausrichtung etwa zusätzliche Anreize zur Stärkung der Fachkräftesicherung geschaffen.
Die Bundesregierung wird auch das „Gesamtdeutsche Fördersystem für strukturschwache Regionen“ (GFS) weiterentwickeln. Die unter diesem Dach gebündelten Programme sollen umfassender aufeinander abstimmt werden und die Mittel prioritär dorthin fließen, wo der Nachholbedarf am größten ist. Die Abgrenzung des Fördergebiets der GRW, an dem sich die meisten Programme im GFS orientieren, erfolgt auf Basis eines Regionalindikatorenmodells, dass über den Teilindikator „Entwicklung der Zahl der Erwerbsfähigen 2017 bis 2040“ auch die demografische Entwicklung als Faktor berücksichtigt. Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) ist ein wesentliches Element der nationalen Strategie für die Entwicklung ländlicher Räume.
Dezentralisierung, Behördenansiedlung
Arbeitsplätze, die in Behörden und Einrichtungen des Bundes entstehen, sollen Impulse für gute Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten setzen. Es werden damit Wirtschaftsstrukturen gestärkt und es können sich positive Effekte auf die Bevölkerungsentwicklung entfalten. Neue Behördenstandorte können Beschäftigten die Chance gegeben, in ihrer Heimatregion Arbeit zu finden – oder in ländlichen Räumen Deutschlands eine neue Heimat zu finden.
Im Koalitionsvertrag der 20. Legislaturperiode wird das erklärte politische Handlungsziel, überall gute Lebensbedingungen zu schaffen, erneut bekräftigt und an einer dezentralen Ansiedlung von Arbeitsplätzen des Bundes in strukturschwachen Regionen und in ostdeutschen Ländern festgehalten.
Gleichwertige Lebensverhältnisse und nachhaltige Raumbeziehungen in Stadt und Land
Deutschlands Regionen zeichnen sich durch individuelle Potenziale aus und sind durch vielfältige funktionale Wechselbeziehungen der Städte mit ihrem Umland und den ländlichen Räumen geprägt. Zur Bemessung und Einschätzung der Gleichwertigkeit in Regionen liegen verschiedene, vor allem sozioökonomische, Konzepte vor. Das Umweltbundesamt hat ein Forschungsvorhaben initiiert, welches vor allem Umweltbelange vor dem Hintergrund der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse betrachtet. Zentrales Ziel ist es, Empfehlungen für Bund, Regionen und Kommunen zu entwickeln, wie Raumbeziehungen zwischen Stadt, Stadtumland und ländlichem Raum nachhaltiger, insbesondere umweltschonender, ausgestaltet werden können. Leitfragen sind:
Welche Umweltziele können im Zusammenhang mit der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse formuliert werden und welche räumlichen Bezüge bieten sich dafür an?
Welche Empfehlungen für eine wirksame Regionalentwicklung zur Stärkung nachhaltiger Raumbeziehungen lassen sich formulieren? Wie und durch welche Akteure können die Empfehlungen umgesetzt werden?
Die Projektergebnisse werden Ende 2023 auf der Website des Umweltbundesamt abrufbar sein.
Nachhaltige Kommunalentwicklung im Strukturwandel
Der demografische Wandel spielt auch in der Umweltpolitik eine immer stärkere Rolle. Eine sich verändernde Altersstruktur und Wanderungsbewegungen innerhalb Deutschlands und die damit verbundenen Transformationsprozesse haben soziale, wirtschaftliche und ökologische Auswirkungen. Die Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse als Element der Demografiepolitik der Bundesregierung erfordert eine deutliche Weichenstellung in der Umweltpolitik. Das Ziel ausgewogener sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Verhältnisse nach dem Leitbild der Nachhaltigkeit ist gleichermaßen in Verdichtungsgebieten wie in ländlichen Räumen, in strukturschwachen wie auch in dynamischen Regionen zu verfolgen.
Mit dem Bundesförderprogramm „Kommunale Modellvorhaben zur Umsetzung der ökologischen Nachhaltigkeitsziele in Strukturwandelregionen“ (KoMoNa) unterstützt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) Kommunen und andere kommunale Akteur*innen aus Regionen, die vom Kohleausstieg betroffen sind. Dazu gehören das Lausitzer, das Mitteldeutsche und das Rheinische Revier. Die Reviere werden in ihrem Bestreben gestärkt, zu Pilotregionen zu werden, die auf vorbildliche Weise zu einer ökologisch nachhaltigen Entwicklung beitragen. KoMoNa fördert schwerpunktmäßig investive Maßnahmen wie beispielsweise die naturnahe Gestaltung von Flächen und Gewässern sowie die Entsiegelung von Flächen oder Projektideen für einen nachhaltigen Tourismus. Zudem unterstützt das BMUV auch konzeptionelle Maßnahmen, die dazu beitragen, die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) umzusetzen. Hierzu gehören kommunale Nachhaltigkeitskonzepte, Personalstellen für ein kommunales Nachhaltigkeitsmanagement, Projektideen zur Vernetzung und solche, die das bürgerschaftliche Engagement stärken. Des Weiteren können außerschulische Bildungs- und Kulturprojekte zur Stärkung des Nachhaltigkeitsbewusstseins und Engagements von Jugendlichen oder im Bereich Bürgerwissenschaft (Citizen Science) gefördert werden.
Ländlicher Raum
Arbeitsstab Ländliche Entwicklung
Für eine integrierte Entwicklung ländlicher Räume ist eine gute Koordination der Ressortzuständigkeiten unerlässlich. Ein wirksames Instrument für diese Koordinierung ist der Arbeitsstab „Ländliche Entwicklung“ der Bundesregierung. Ziel dieses Arbeitsstabes ist es, die verschiedenen Maßnahmen der Ressorts zur Entwicklung der ländlichen Räume stärker zu bündeln und Synergien zu nutzen.
Wichtige Themen der 20. Legislaturperiode sind die Beiträge der ländlichen Räume zur Energie- und Mobilitätswende, die Fachkräftesicherung, die Daseinsvorsorge und wirksame Förderinstrumente, die von den kleinen Kommunen, Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Strukturen auf dem Lande besser genutzt werden können.
Bundesprogramm Ländliche Entwicklung und regionale Wertschöpfung
Mit dem Bundesprogramm Ländliche Entwicklung und regionale Wertschöpfung (BULE+) unterstützt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bundesweit innovative Ideen, die dazu beitragen, auch in Zukunft auf dem Land gut leben und arbeiten zu können. Durch die modellhafte Erprobung innovativer Lösungsansätze werden die ländlichen Räume zu Zukunftswerkstätten für das Leben, Lernen, Arbeiten und Zusammenleben von morgen. Die Unterstützung von Modellregionen und Forschungsvorhaben sowie ein fachlich fundierter Wissenstransfer sind ebenfalls Bestandteile des Programms. Erkenntnisse aus dem BULE fließen in die Weiterentwicklung und Optimierung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Auch Wettbewerbe sind Teil des BULE. So wird beispielsweise mit dem Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ das bürgerschaftliche Engagement anerkannt und positive Entwicklungen in ländlichen Regionen im demografischen Wandel sichtbar gemacht. Neben dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sind auch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit Projekten und Mitteln am BULE+ beteiligt.
„Unser Dorf hat Zukunft“
Der Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ ist die vermutlich größte bürgerschaftliche Bewegung in Deutschland und verbindet gesellschaftlichen Zusammenhalt und nachhaltige Dorfentwicklung. Auf Bundesebene wird damit alle drei Jahre herausragendes bürgerschaftliches Engagement für eine ganzheitliche Entwicklung der Dörfer ausgezeichnet. Interessierte Menschen, engagierte Dorfgruppen und Vereine wirken mit bei der Gestaltung der wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und ökologischen Entwicklung ihrer Heimat. 2019 fand der Bundeswettbewerb mit Unterstützung zahlreicher Organisationen bereits zum 26. Mal statt; knapp 1.900 Dörfer nahmen auf Kreisebene teil, 30 Dörfer qualifizierten sich über Kreis-, Bezirks- und Landeswettbewerbe für den Bundesentscheid. Es wurden acht Gold-, 15 Silber- und sieben Bronzemedaillen vergeben. Die Golddörfer erhielten ein Preisgeld von jeweils 15.000 Euro, die Silberdörfer von je 10.000 Euro und die Bronzedörfer von je 5.000 Euro. Im Sommer 2023 wird im 27. Bundesentscheid wieder eine Bundesbewertungskommission die Dörfer besuchen.
Kultur als wichtiger Bestandteil der Daseinsvorsorge
Ein Baustein der Daseinsvorsorge ist die Möglichkeit zur kulturellen Teilhabe, die auch in ländlichen strukturschwachen Regionen sichergestellt werden muss. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat unterstützt diese Zielstellung auf vielfältige Weise, unter anderem mit dem Vorhaben „Digitale Kulturbühne“. Mittels der „Digitalen Kulturbühne“ können digitalisierte Kultur-Events mit vergleichsweise geringem finanziellem Aufwand überall dort veranstaltet werden, wo es keine ausreichende eigene kulturelle Infrastruktur (mehr) gibt.
Der Auswahl des Veranstaltungsortes sind dabei kaum Grenzen gesetzt: Es kann sich um den örtlichen Festsaal, die Kirche, das soziokulturelle Zentrum oder das Vereinsheim handeln. Die projektbegleitende Evaluation hat gezeigt, dass insbesondere ältere und junge Menschen, die weniger mobil sind, die wohnortsnahen und vergleichsweise kostengünstigen Angebote der „Digitalen Kulturbühne“ nutzen.
Modellprojekt „Zukunftswerkstatt Kommunen – Attraktiv im Wandel“
Der demografische Wandel fordert die Kommunen heraus: Um für alle Generationen in allen Lebensphasen attraktiv zu bleiben oder attraktiver zu werden, sind insbesondere in strukturschwachen Regionen innovative Lösungen vor Ort gefragt. Das Projekt „Zukunftswerkstatt Kommunen – Attraktiv im Wandel“ unterstützt 40 Kommunen bundesweit dabei, diese Lösungen zu finden und Demografiestrategien zu entwickeln, die den Themenbereich Integration mit abdecken und alle Altersgruppen berücksichtigen. Es geht darum, Konzepte zu entwickeln, um die Folgen des demografischen Wandels in den Kommunen zu gestalten, konkrete Halte- beziehungsweise Anziehungsfaktoren zu entwickeln, kommunale Identität zu stärken und Menschen mit Migrationshintergrund in ein intaktes gesellschaftliches Miteinander zu integrieren.
Ein digitales Tool und ein Werkzeugkasten mit Praxisbeispielen stehen allen Kommunen in Deutschland kostenlos zur Verfügung. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fördert das Modellprojekt.
Aktionsprogramm Kommune – Frauen in die Politik
Frauen sind in kommunalen Vertretungen immer noch deutlich unterrepräsentiert. Dort liegt ihr Anteil bei rund 28 Prozent In Großstädten bewegen sich die Frauenanteile zwischen 30 und 40 Prozent. Der Anteil der Landrätinnen liegt sogar nur bei rund 10 Prozent (Stand 2019). Mit dem Aktionsprogramm zielt die Bundesregierung darauf ab, den Frauenanteil in den kommunalen Vertretungen sowie den Anteil der haupt- und ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Landrätinnen zu erhöhen und strukturelle Veränderungen anzustoßen, die sich positiv auf die Teilhabe von Frauen und die Akzeptanz und Attraktivität von Kommunalpolitik auswirken. Ein Schwerpunkt liegt auf ländlichen Regionen. Angesichts einer zunehmend vielfältigen Bevölkerung ist es für die Entwicklung einer zukunftsfähigen Kommunalpolitik wichtig, vielfältige Perspektiven einzubeziehen. Deshalb sind in der Kommunalpolitik auch insbesondere die Sichtweisen, Erfahrungen und Kompetenzen von Frauen gefragt. Diese bilden die Mehrheit der Bevölkerung und sind in allen gesellschaftlichen Gruppen und Schichten vertreten.
Die Folgen des demografischen Wandels werden auch im Bürgerschaftlichem Engagement und Ehrenamt spürbar. Insbesondere ältere Menschen sind zunehmend engagiert. Gleichzeitig fehlt es oft an Nachwuchs.
Die Fachkräftesicherung ist eines der Kernthemen für die Zukunft unseres Landes. Die abnehmende Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland kann durch verschiedene Maßnahmen aufgefangen werden.
Mit einer nachhaltigen Politik für Kinder, Jugendliche und Familien gestaltet der Bund den demografischen Wandel wesentlich mit.
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