Für die Berufung eines Landesseniorenbeauftragten haben sich die Interessenvertretungen der Älteren jahrelang eingesetzt, nicht zuletzt, weil in zehn Jahren bereits fast jede(r) Dritte in Brandenburg 65 Jahre und älter sein wird. Mit Norman Asmus hat ein langjähriger Experte in der Senioren- und Familienpolitik diese Aufgabe übernommen. Wir haben mit ihm in Potsdam gesprochen.
Brandenburgs Landesseniorenbeauftragter Norman AsmusQuelle: MSGIV
Herr Asmus, was machen Sie eigentlich als Landesseniorenbeauftragter?
Die Aufgabenbeschreibung finden Sie im Koalitionsvertrag der aktuellen Landesregierung. Und die ist erst einmal ganz simpel: „Die Interessen der Älteren im Land Brandenburg wahrnehmen.“ Was sich einfach anhört, wird bei näherer Betrachtung sehr vielfältig. Zum einen haben wir nicht „die Älteren“, sondern vom 65-jährigen „Jungsenior“ bis zur Hundertjährigen eine große Lebensspanne mit ganz unterschiedlichen Wünschen und Bedarfen. Zum anderen sprechen wir hier über ein Querschnittsfeld, das von A wie „aktives Altern“ bis Z wie „Zusammenleben in einer älter werdenden Gesellschaft“ reicht. Dahinter verbirgt sich eine große Bandbreite an Handlungsfeldern, die es im Sinne der Älteren zu bewegen gilt. Als Landesseniorenbeauftragter vermittle, übersetze und verstärke ich die Anliegen Älterer in Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft.
Sie haben sich das aktive Älterwerden als Leitbild vorgegeben. Was hat es damit konkret auf sich?
Ich werbe für ein aktives und selbstbestimmtes Älterwerden, für geistige und körperliche Fitness. Denn der Spruch „Wer rastet, der rostet“ ist im Kern sehr wahr. Die gesellschaftliche Teilhabe der Älteren halte ich für sehr wichtig. Die Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit ist dafür übrigens keine schlechte Idee. Leben im Alter ist nicht mit Pflegebedürftigkeit gleichzusetzen – der überwiegende Teil ist gesund und munter. Wir brauchen ein positives Altersbild, das die Chancen und Möglichkeiten dieses Lebensabschnittes in den Vordergrund stellt. Umso mehr nach der Corona-Zeit, in der über Ältere oftmals nur als „vulnerable Gruppe“ gesprochen wurde. Diese Einseitigkeit wird der Vielfalt des Alters nicht gerecht. Und passt schon gar nicht zu den jetzt in die Rente gehenden geburtenstarken Jahrgängen, den sogenannten „Baby-Boomern“. Diese stehen mitten im Leben und wollen die mit dem Ausscheiden aus dem Berufsleben gewonnenen Freiheiten nach ihren Vorstellungen gestalten.
In der Pandemiezeit hat die Digitalisierung Fahrt aufgenommen. Was bedeutet das für ältere Menschen?
Schon der achte Altersbericht zum Thema „Ältere Menschen und Digitalisierung“ war ein Weckruf, Ältere stärker in die digitale Welt zu integrieren. Das Fortbildungsprogramm „Digital FIT“ der Akademie 2. Lebenshälfte hat in diesem Jahr damit begonnen, die ersten Seniorenbeiräte von insgesamt 170 im Land im Umgang mit Tablets, Internetinformationen, Videokonferenzen zu schulen. Sie übernehmen dann die Rolle der Multiplikatoren und können Wissen weitergeben. Bei den Mehrgenerationenhäusern im Land gab es einen richtigen Digitalisierungsschub. Den erhoffe ich mir übrigens auch in den Senioren- und Pflegeheimen.
Sie sagten bei Amtsantritt, dass man die Aufgabe nicht allein von Potsdam aus wahrnehmen könne. Konnten Sie sich zwischenzeitlich bereits im Land umsehen und sich bei den Seniorenbeiräten vorstellen?
Ich möchte nicht über die Seniorinnen und Senioren sprechen, sondern mit ihnen. Dazu gehört, in Brandenburg unterwegs zu sein und mit den Älteren direkt in Kontakt zu kommen – wenn Sie so wollen, das „Ohr am Senior“ zu haben. Denn nur so kann ich glaubhaft und authentisch ihre Interessen vertreten. In diesem Sinne habe ich bereits einige kommunale Seniorenbeiräte persönlich besucht. Im Zuge der Kontaktbeschränkungen habe ich viele Gespräche über Telefon- und Videokonferenzen geführt. Zum Glück konnte ich die Kennenlerngespräche vor Ort jetzt wieder aufnehmen. Und auch der Austausch bei Veranstaltungen war unter Schutzmaßnahmen wieder möglich, zum Beispiel bei der 27. Brandenburgischen Seniorenwoche Anfang Oktober. Die Älteren haben diese Möglichkeit dankbar angenommen, um sich auszutauschen und ihre Themen anzusprechen. Aus meiner Sicht „Balsam für die Seniorenseele“. Die Pandemie hat viele Einschnitte mit sich gebracht, insbesondere für die Älteren.
Liegen eigentlich die Ergebnisse der 2020 gestarteten Studie zur Situation Älterer im Land Brandenburg bereits vor?
Diese Studie anzuregen, war eine meiner ersten Handlungen, um aktuelle Daten zur Lebenslage Älterer zusammenzutragen. Diese brauche ich als fundierte Ausgangsbasis für die Interessenvertretung. Im Juni konnten wir die Studienergebnisse im Rahmen unserer Reihe „sozialspezial“ veröffentlichen. Danach ist die große Mehrzahl der Älteren im Land mit ihrer Lebenssituation zufrieden. Aber es gibt einige Baustellen wie die „verdeckte“ Altersarmut. Die Studie zeigt, dass 40 bis 60 Prozent derjenigen, die Anrecht auf Grundsicherung haben, keinen Antrag stellen. Altersarmut wird zunehmen, wenn es bei den künftigen Neurentnerinnen und -rentnern mehr Lücken in der Erwerbsbiografie gibt. Die Studie liefert zudem Daten zu anderen Themen, die für ältere Menschen relevant sind, wie etwa altersgerechtes Wohnens, Mobilität oder die gesundheitliche Versorgung im Flächenland.
Und wie geht es jetzt mit den Erkenntnissen weiter?
Am 27. Oktober habe ich eine seniorenpolitische Fachtagung in Potsdam veranstaltet, bei der die Studie sowie weitere wissenschaftliche Befunde insbesondere zu den jetzt in Ruhestand gehenden Jahrgängen vorgestellt wurden. Wir haben viele Anregungen aus der Fachtagung erhalten. All das kommt in den Themenspeicher für die Weiterentwicklung der Seniorenpolitischen Leitlinien. Das weitere Vorgehen knüpft an bewährte Traditionen in der Seniorenpolitik Brandenburgs an. Unter der Überschrift „SeniorenDIALOG: Vielfalt des Alters – Herausforderung und Chance für Brandenburg“ ist bereits bei der ersten Fortschreibung der Leitlinien ein Beteiligungsprozess gestartet worden, um ältere Menschen aktiv in die Politikgestaltung mit einzubeziehen. Ziel der Bemühungen soll es sein, eine Fortschreibung der Seniorenpolitischen Leitlinien spätestens bis zum Ende der bis 2024 laufenden Wahlperiode zu erreichen. Dafür werde ich mich einsetzen.
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