Engagement und Demokratiestärkung – Schlüssel im demografischen WandelThemenartikel
Bürgerschaftliches Engagement hat große Gestaltungskraft und kann ein Schlüssel sein, um den demografischen Wandel zu gestalten. Die Kreativität und das Potential des Ehrenamts sind jedenfalls riesig, aber sie sind weder Lückenfüller noch Selbstläufer und stehen selbst vor einigen Herausforderungen.
Rund 815.000 Menschen engagieren sich in Brandenburg für das Gemeinwesen. Der Anteil der Engagierten ist in den letzten 20 Jahren deutlich gewachsen und lag zuletzt stabil bei rund 37 Prozent.
Kaum ein Lebensbereich, in dem sich Brandenburgerinnen und Brandenburger nicht ehrenamtlich engagieren.
Bürgerbusse, Dorfläden, Nachbarschaftshilfe und Nachbarschaftstreffs, Feuerwehren, zahlreiche Vereine im kulturellen, sportlichen und sozialen Bereich werden getragen von der Leidenschaft und dem Engagement Freiwilliger.
„Ehrenamt macht Brandenburg jeden Tag lebenswert und ist da, wenn es gebraucht wird. Auch in der Corona-Pandemie haben tausende Engagierte bewiesen: Solidarität und Menschlichkeit sind der Schlüssel, um Herausforderungen zu meistern!“
Gleichzeitig sind die Auswirkungen demografischer Entwicklung auch für Freiwillige und Vereine zu spüren. Gerade in ländlichen Regionen entwickeln Engagierte, Träger und Unterstützer kreative Ideen, um neuen Nachwuchs zu gewinnen, Menschen zusammenzubringen und mit Hilfe der Digitalisierung Distanzen zu überbrücken.
Anlaufstellen stärken
Damit sich möglichst viele Menschen nach ihren Vorstellungen einbringen und engagieren können, brauchen sie Anlaufstellen, die informieren, beraten und begleiten. Freiwilligenagenturen, Mehrgenerationenhäuser, Seniorenbeiräte, kommunale und zivilgesellschaftliche Ansprechpartner - sie alle eint das Ziel: Engagement unterstützen!
Im letzten Generali Engagementatlas (2015) lag Brandenburg auf Platz vier aller Bundesländer mit 5,3 engagementunterstützenden Einrichtungen pro 100.000 Einwohner. Weitere Erhebungen haben gezeigt: Der Anteil der Menschen, die über diese Strukturen in ein Engagement kommen, ist in Brandenburg vergleichsweise hoch.
Seit 2019 unterstützt das Land Brandenburg deshalb die Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen. Die jährliche Förderung bis 2024 ist ein wichtiger Beitrag, damit die lokalen Anlaufstellen sich vernetzen, Angebote weiterentwickeln und Synergien entstehen können. So wird das Ehrenamt durch aktuell 23 Freiwilligenagenturen überall im Land gestärkt.
Aber auch Kommunen und Landkreise haben erkannt, dass es wichtig ist, eigene Ansprechpartner vor Ort zu etablieren. Als Bindeglied zwischen Zivilgesellschaft und Verwaltung tragen sie dazu bei, dass Engagementförderung in allen Köpfen ist und als gemeinsame Aufgabe verstanden wird.
Dorfkümmerin Heiligengrabe
Nachbarschaftshilfe koordinieren, Bürgersprechstunden, Vorträge und Kinoabende organisieren - „Dorfkümmerin" Deniz Öz bringt das Gemeindeleben in Heiligengrabe im Landkreis Ostprignitz-Ruppin auf Trab. Seit Ende 2017 ist sie im Ortsteil Blumenthal Ansprechpartnerin für Jung und Alt. Zunächst wurde ihre Stelle als Modellprojekt zur ländlichen Entwicklung vom Bundeslandwirtschaftsministerium finanziert. Als die Förderung auslief, beschloss die Gemeinde Heiligengrabe, das Projekt aus eigenen Haushaltsmitteln fortzusetzen und zu erweitern. Seither ist Deniz Öz auch für weitere Ortsteile der Gemeinde zuständig.
Damit sich das Engagement gut entwickelt, ist der Schulterschluss vieler Akteure notwendig. Netzwerkarbeit erfolgt in Brandenburg deshalb auf allen Ebenen. Das Landesnetzwerk „Bürgerschaftliches Engagement und Anerkennungskultur“ bringt als trisektoraler Zusammenschluss seit 2013 rund 60 Organisationen und Institutionen zusammen.
Auch auf lokaler Ebene arbeiten Kreise, Kommunen und zivilgesellschaftliche Initiativen aktiv für eine Vernetzung und Kooperationen von Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Seit 2004 fördert der Landkreis Potsdam-Mittelmark das Ehrenamt im gesamten Landkreis mit einer eigenen Koordinierungsstelle für Freiwilligenarbeit & Bürgerengagement. Städte wie Wittstock/Dosse, Prenzlau oder Forst sind Teil des Programms „Engagierte Stadt“ und die Stadt Herzberg macht sich auf den Weg, alle Ehrenamtlichen der Stadt digital zu vereinen.
Auch auf zivilgesellschaftlicher Ebene schließen sich einzelne Akteure zusammen. So bündeln sie Kräfte und sammeln Ideen. Brandenburgs Dorfbewegung ist ein Beispiel dafür, dass man im Austausch die besten Lösungen findet. Ihr „Parlament der Dörfer“ steht unter der Schirmherrschaft von Brandenburgs Landtagspräsidentin.
Klima des Miteinanders und (geschützte) Engagement-Räume
Neben Anlaufstellen und Vernetzungsangeboten brauchen Ehrenamtliche auch (Frei-)Räume für ihr Engagement. Aus demografischer Sicht ist es erfreulich, dass sich viele Menschen besonders in ihrem lokalen Umfeld engagieren wollen. Hier kennen sie Aufgaben und Probleme besonders gut und sehen die Auswirkungen ihrer Teilhabe unmittelbar.
Engagement-Räume vor Ort, die Platz für Ideen und Begegnung geben und gleichzeitig Schutz bieten, sind deshalb besonders wichtig. Gerade Menschen, die sich gesellschaftlich oder politisch engagieren wollen, brauchen ein Umfeld, in dem sie sich frei von Angst vor Beleidigungen, Stigmatisierungen und Angriffen einbringen können.
„Rechtsextreme und andere demokratiefeindliche Personen und Gruppen versuchen immer wieder, Engagement-Räume zu „besetzen“. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, müssen demokratische Prozesse und zivilgesellschaftliches Engagement vor Ort gestärkt werden.“
Ein besonders wichtiger Baustein dafür ist das 1998 verabschiedete Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“. Auf Grundlage dieses Leitbildes setzt sich die Landesregierung gemeinsam mit Kommunen und zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen für eine demokratisch verfasste, offene und freiheitliche Gesellschaft ein. Eine starke, engagierte Zivilgesellschaft ist dabei ein wesentliches Ziel.
Wichtigster Partner der Landesregierung hierfür ist das zivilgesellschaftliche Beratungsnetzwerk „Tolerantes Brandenburg“. Seine Akteure sind brandenburgweit vernetzt und wirken seit Jahrzehnten in die lokalen Lebensräume hinein. Unter anderem bieten sechs regionale „Büros für Integration und Toleranz“ Unterstützung. Das Empowerment Betroffener sowie die Beratung und Moderation von Konfliktlagen sind wesentliche Säulen ihrer Arbeit.
Zudem werden unter dem Dach des „Toleranten Brandenburg“ landesweit zahlreiche Projekte durchgeführt, die auf die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und des demokratischen Miteinanders vor Ort zielen und in denen lokale Ehrenamtliche eingebunden und aktiv mitwirken können.
Aktionsbündnis „Weltoffenes Werder“
Das Aktionsbündnis „Weltoffenes Werder“ besteht seit 2017 als ein unabhängiger und überparteilicher Zusammenschluss von Vertreterinnen und Vertretern zivilgesellschaftlicher Initiativen, der evangelischen Kirche, Kultur- und Bildungseinrichtungen, Politik, Unternehmen und Einzelpersonen. Es setzt sich für eine weltoffene, solidarische und demokratische Stadtgesellschaft ein. Das Aktionsbündnis will Mut machen, jeder Form von Ausgrenzung, Hass und Gewalt entgegenzutreten und klare Kante gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu zeigen. Es ist Mitglied des Beratungsnetzwerkpartners „Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“.
Demografische Herausforderungen meistern nur im Miteinander
Bürgerschaftliches Engagement kann den demografischen Wandel gestalten. Das erfordert den Schulterschluss vieler Akteure und einen Geist des Miteinanders, auch zwischen Zivilgesellschaft und Staat. Ehrenamtliche und Engagierte gestalten bereits seit Jahren den demografischen Wandel in Brandenburg. Ihnen gute Rahmenbedingungen zu schaffen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Brandenburg geht das an.
Rund 815.000 Menschen engagieren sich in Brandenburg für das Gemeinwesen. Der Anteil der Engagierten ist in den letzten 20 Jahren deutlich gewachsen und lag zuletzt stabil bei rund 37 Prozent.
Jannis Simons ist Anfang 20 und mit der Lausitz eng verwurzelt. Seit Jahren setzt er sich intensiv dafür ein, dass sich Jugendliche vor Ort verstärkt am Strukturwandel der Region beteiligen und so zur Gestaltung einer lebenswerten Lausitz beitragen.
Blätterfunktion
Hinweis zur Verwendung von Cookies
Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz