„Gleichwertige Lebensverhältnisse sind Ziel unserer Heimatpolitik“Interview
Zum Start der bayerischen Ländermonate auf dem Demografieportal spricht Heimatminister Albert Füracker über demografische Trends und die Heimat- und Demografiepolitik in seinem Bundesland.
Herr Füracker, als Heimatminister liegt auch das Thema Demografie in Ihrem Verantwortungsbereich. Wie würden Sie Ihre Heimat Bayern und seine Bürger beschreiben?
Charakteristisch für Bayern ist das Zusammenspiel von Großstadt und ländlichem Raum. Bayern bietet eine besondere Mischung aus wirtschaftlichem Erfolg, Kultur und Naturschönheit und ist so eine attraktive Heimat für alle Menschen, unabhängig von Alter oder Herkunft. Das zeigt sich nicht zuletzt in der positiven Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre.
Die Einwohnerzahl Bayerns stieg in den letzten Jahren stetig an, wie schätzen Sie die demografische Entwicklung des Freistaates in den letzten Jahren ein?
Betrachtet man demografische Trends, können wir in Bayern einige Erfolge verzeichnen: Die Einwohnerzahl im Freistaat wächst kontinuierlich, von 2009 bis 2019 um rund 614.000 Bewohner. In erster Linie profitiert Bayern natürlich von seiner Attraktivität für Zuwanderer. Aber auch die Anzahl der Geburten hat im vergangenen Jahr mit 128.227 den höchsten Stand seit 1997 erreicht. Erfreulich ist insbesondere der positive Trend im ländlichen Raum: Auch dort stieg von 2012 bis 2019 die Bevölkerungszahl durchgehend wieder an. Dies ist zum einen einer vorausschauenden bayerischen Heimatpolitik zu verdanken, die auch für Bund und andere Länder ein Vorbild war. Vor allem stellen die positiven Entwicklungen aber einen Verdienst der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen vor Ort dar: Sie machen ihre Heimat lebens- und liebenswert.
Sie haben die Vielfalt der bayerischen Regionen angesprochen, welche Unterschiede nehmen Sie in der Entwicklung verschiedener Regionen wahr?
Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen ist in Bayern in der Verfassung verankert. Dies ist der Staatsregierung Leitbild und Aufgabe gleichermaßen und bedeutet für uns vor allem Chancengleichheit in allen Landesteilen. Die große Herausforderung des demografischen Wandels liegt in seiner Komplexität. Die Folgen äußern sich je nach Region unterschiedlich: Gerade in Ballungszentren steigt die Zahl der Einwohner deutlich an, in einzelnen anderen Gegenden stagniert sie oder nimmt gegebenenfalls sogar ab. Je nachdem stellen sich für die jeweiligen Regionen ganz eigene spezifische Herausforderungen.
Die Koordination der bayerischen Demografiepolitik ist im Staatsministerium der Finanzen und für Heimat unter der Leitung von Staatsminister Albert Füracker angesiedelt. Im jährlich erscheinenden Heimatbericht sowie auf dem Internetportal „Demografie-Leitfaden“ werden demografische Entwicklungen sowie Maßnahmen der gesamten bayerischen Staatsregierung vorgestellt. Im Rahmen der bayerischen Heimatpolitik werden in Regionen, die besonders durch den demografischen Wandel betroffen sind, Projekte gefördert, die lokalen Herausforderungen vor Ort mit passgenauen Lösungen begegnen – dabei steht auch die Übertragbarkeit der Ergebnisse im Fokus. Mit der Heimatstrategie liegt die Zuständigkeit für eines der zentralen strukturpolitischen Instrumente zur gleichwertigen Entwicklung im Freistaat Bayern im Finanz- und Heimatministerium. Die bayerischen Ministerien berücksichtigen den demografischen Wandel bei der Gestaltung ihrer Maßnahmen. Einen Überblick über die verschiedenen Fachbereiche bieten die bayerischen Ländermonate.
Sehen Sie noch weitere Herausforderungen für die demografische Entwicklung des Freistaates?
Die aktuelle Bevölkerungsprognose rechnet mit einer deutlichen Änderung der Altersstruktur in Teilen des Freistaates: Das Durchschnittsalter wird steigen und der Anteil von über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung weiter zunehmen. Dadurch ergeben sich vielfältige Herausforderungen: Die sich ändernden Bedürfnisse müssen in allen Gesellschaftsbereichen berücksichtigt werden. Gleichzeitig ist es notwendig, Attraktivität und Infrastruktur für Familien und Kinder weiter zu verbessern. Das erfordert innovative und kreative Lösungen in allen Lebensbereichen – der Freistaat hat diese Entwicklungen im Blick und bereits in vielen Bereichen passgenaue Maßnahmen auf den Weg gebracht.
Mit welchen Maßnahmen versucht der Freistaat, das Ziel gleichwertiger Entwicklung zu erreichen?
Eine unserer strukturpolitischen Säulen ist die bayernweite High-Tech-Agenda – ein Paket mit Zukunftsinvestitionen in Milliardenhöhe für Wissenschaft und Forschung. Daneben verfolgen wir eine aktive Heimatstrategie: Sie soll zur Chancengleichheit in allen Landesteilen beitragen und den Folgen des demografischen Wandels agil begegnen. Der Freistaat setzt damit Impulse in besonders herausgeforderten Regionen, um dort Entwicklungen aus eigener Kraft zu ermöglichen. Mit dem Förderprogramm „Demografiefeste Kommunen“ werden darüber hinaus auch zielgerichtete Lösungen für die unterschiedlichen demografischen Anforderungen vor Ort entwickelt.
Mit dem Förderprogramm „Demografiefeste Kommunen“ wird ab Anfang 2021 explizit die Gestaltung des Demografischen Wandels in Bayern ins Visier genommen?
Das ist unser Ziel. Die Kommunen sind die zentralen Akteure vor Ort, wenn es um die Bedingungen für gute Lebensqualität geht. Dabei tauchen oftmals neue Herausforderungen und Entwicklungen auf, die es zu meistern gilt. In den kommenden Jahren wird insbesondere der demografische Wandel die Kommunen vor vielfältige Aufgaben stellen und Investitionen erfordern. Demografische Prozesse sind immer komplex, die Ursachen von Veränderungen und Auswirkungen unterscheiden sich häufig von Region zu Region. Das Programm „Demografiefeste Kommunen“ analysiert die individuellen Ausgangsbedingungen und Bedürfnisse vor Ort und entwickelt gemeinsam mit Bewohnern und Experten Maßnahmen einer fachübergreifenden, kommunalen Demografiestrategie. Die Ergebnisse sollen anderen Kommunen mit vergleichbaren Herausforderungen zudem als Anregung dienen.
Beinhaltet die Heimatstrategie darüber hinaus weitere Säulen mit Demografiebezug?
Unsere Maßnahmenpakete sind breit gefächert: Ein weiterer wichtiger Baustein ist der Breitbandausbau – ein flächendeckendes Breitbandnetz stellt einen unverzichtbaren Standortfaktor für Familien und Unternehmen dar. Hinzu kommt der kommunale Finanzausgleich, dessen Leistungen zum Teil auch nach demografischen Kriterien bemessen werden. Auch mit Behördenverlagerungen setzen wir Entwicklungsimpulse vor Ort: Die Ansiedlung von attraktiven Arbeitsplätzen soll Menschen altersunabhängig ermöglichen, in ihrer Heimat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren. Und auch wenn der behördliche Arbeitsplatz noch in einem der Ballungsräume liegt, stellen Behördensatelliten ein interessantes Angebot für Bedienstete der Staatsregierung dar, die ihren Wohnsitz im ländlichen Raum haben. Seit Oktober 2020 werden so tageweise komplett ausgestattete und an die behördliche Infrastruktur angeschlossene Arbeitsplätze außerhalb der großen Städte zur Verfügung gestellt.
Was können wir in den bayerischen Themenmonaten erwarten?
Wir wollen einen Überblick darüber geben, wie vielseitig der Freistaat Bayern beim Thema Demografie aufgestellt ist. Anhand von sieben Schwerpunktthemen wird eine Vielzahl von Ansätzen zur Gestaltung des demografischen Wandels vorgestellt. Die Themen reichen dabei von Heimatpolitik bis Bildung, von Städtebau bis Familienpolitik, von Arbeitsmarkt bis zu ländlicher Entwicklung. Der Austausch von Erfahrungen ist wichtig – ich wünsche allen Interessierten eine informative Lektüre!
Zahlen, Fakten und Schwerpunkte der Heimatpolitik in Bayern. Die Heimatstrategie setzt gezielt Impulse, um eine positive Entwicklung in den verschiedenen Teilen Bayerns anzustoßen.
Die demografische Ausgangssituation in Bayern ist im Bundesvergleich gut: Von 2000 bis 2019 zeigte Bayern das höchste Bevölkerungswachstum aller deutschen Flächenländer. Wichtige Herausforderungen bleiben die großen regionalen Unterschiede sowie die Alterung.
85 Prozent aller Erwachsenen, die in Bayern geboren wurden, leben auch gegenwärtig dort. Damit nimmt der Freistaat unter allen Bundesländern den Spitzenplatz ein.
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