Herausforderungen für die Pflege in Baden-WürttembergThemenartikel
Der vorliegende Artikel beschreibt die demografische Entwicklung in Baden-Württemberg und wirft dabei insbesondere auch einen Blick auf die Entwicklung der Altersstruktur in den einzelnen Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs. Anhand dieser Grundlage erfolgen Ausführungen zur Entwicklung der Zahl der pflegebedürftigen Menschen bis zum Jahr 2017. Abgerundet wird der Artikel mit einem Blick in die Zukunft und der Frage, wie viele Menschen zukünftig in Baden-Württemberg Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine exakte Vorhersage der künftigen Entwicklung nicht möglich ist. Eine Vorausrechnung zeigt eine mögliche und unter bestimmten Voraussetzungen und Annahmen wahrscheinliche Entwicklung auf.
Die demografische Entwicklung in Deutschland ist in den letzten Jahren durch eine Zunahme der älteren und einen gleichzeitigen Rückgang der jüngeren Bevölkerung gekennzeichnet. Zusätzlich zur Alterung ging die Bevölkerungszahl in Deutschland bis zum Jahr 2011 zurück. Seither nimmt sie zwar wieder zu, auf lange Sicht gesehen wird sie jedoch wieder abnehmen. Während die Alterung alle Städte und Gemeinden gleichermaßen betrifft, verläuft der Bevölkerungsrückgang regional sehr unterschiedlich. Der demografische Wandel – und insbesondere die Alterung der Gesellschaft – wirkt sich dabei auch auf die Zahl der pflegbedürftigen Menschen aus. Denn mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit an, pflegebedürftig zu werden.
Geringe Pflegequote im Bundesländervergleich
Baden-Württemberg hat im Bundesländervergleich eine geringe Pflegequote. Die Pflegequote beschreibt den Anteil pflegebedürftiger Menschen an der Gesamtbevölkerung. Nur in Bayern und Hamburg liegt die Pflegequote unter der von Baden-Württemberg. In den letzten Jahren haben die Pflegequoten in den einzelnen Bundesländern deutlich zugenommen. Im Jahr 2001 lag die Pflegequote in Baden-Württemberg noch bei 1,9 Prozent, im Jahr 2017 bereits bei 3,6 Prozent. Für Gesamt-Deutschland betrug der Anteil der pflegebedürftigen Menschen an der Gesamtbevölkerung im Jahr 2017 4,1 Prozent.
Die Ursache für die niedrigere Pflegequote in Baden-Württemberg könnte damit zusammenhängen, dass Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern eine jüngere Bevölkerung hat und aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung in den letzten Jahren verstärkt junge Menschen aus anderen Bundesländern und dem Ausland zugezogen sind.
Pflegebedürftige meist zu Hause versorgt
Im Jahr 2017 gab es in Baden-Württemberg insgesamt 398.612 pflegebedürftige Menschen. Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen hat sich zwischen 2001 und 2017 ausgehend von knapp 211.000 Pflegebedürftigen fast verdoppelt. Die Mehrzahl der pflegebedürftigen Menschen in Baden-Württemberg leben in der eigenen Häuslichkeit und werden dort von Angehörigen oder mit Hilfe eines ambulanten Dienstes versorgt.
Mit zunehmendem Alter nimmt das Risiko, pflegebedürftig zu werden, deutlich zu: Im Alter ab 90 Jahren sind beispielsweise rund 70 von 100 Personen in Baden-Württemberg pflegebedürftig. Dabei sind Frauen häufiger von einer Pflegebedürftigkeit betroffen als Männer: Rund 63 Prozent der Pflegebedürftigen sind Frauen. Das Risiko, pflegebedürftig zu werden, nimmt bei Frauen im Alter ab 70 Jahren stärker zu als das der Männer. Dies könnte damit zusammenhängen, dass Frauen – möglicherweise vorbelastet durch die vorherige Pflege des Partners oder weiterer Angehöriger – mit zunehmendem Alter ein erhöhtes Pflegerisiko entwickeln.
2030: 490 000 pflegebedürftige Menschen
Bis zum Jahr 2030 wird sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Baden-Württemberg – weiter erhöhen. Der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) hat ein Instrument entwickelt, mit dem die zukünftige Zahl pflegebedürftiger Menschen und deren Verteilung auf die jeweiligen Leistungsformen der Pflegeversicherung vorausberechnet werden kann. Nach der Vorausrechnung des KVJS werden im Jahr 2030 rund 490 000 Menschen in Baden-Württemberg pflegebedürftig sein. Im Vergleich zum Jahr 2017 würde sich die Zahl der Pflegebedürftigen um rund 92 000 Personen beziehungsweise um 23 Prozent erhöhen. Die Pflegequote in Baden-Württemberg würde von derzeit 3,6 auf 4,3 Prozent ansteigen.
Wenn sich das Nachfrageverhalten der pflegebedürftigen Menschen bis zum Jahr 2030 nicht ändert und ambulante und stationäre Leistungen so in Anspruch genommen werden wie im Jahr 2017 (Status-Quo-Berechnung), wären im Jahr 2030 rund 49 000 Personen mehr auf professionelle Leistungen in Form von ambulanter und stationärer Pflege angewiesen.
Quartiersentwicklung: Pflegeangebote mitdenken
Dies hat Auswirkungen auf die Pflege- und Versorgungslandschaft. Zum einen muss für die zunehmende Zahl an pflegebedürftigen Menschen auch eine ausreichende Zahl an Pflegefach- und Betreuungskräften zur Verfügung stehen. Neben der Personalbindung wird die Gewinnung und Qualifizierung von Personal eine der zentralen Herausforderungen in der ambulanten und stationären Pflege in der Zukunft sein. Zum anderen ist es erforderlich, dass eine ausreichende Zahl an ambulanten Diensten sowie an Tages-, Kurzzeit- und Dauerpflegeplätzen zur Verfügung stehen.
Im Sinne eines langen und selbstbestimmten Lebens in der eigenen Häuslichkeit oder im vertrauten Wohnumfeld ist es von entscheidender Bedeutung, dass im unmittelbaren Wohnumfeld ausreichend Angebote für Unterstützung und Pflege vorhanden sind. Bei einer Sanierung oder Neu-/Weiterentwicklung von Stadtteilen beziehungsweise Quartieren ist dies daher zu berücksichtigen. Dabei dürfen auch generationenübergreifende beziehungsweise Angebote für weitere Bewohner des Quartiers nicht außer Acht gelassen werden.
Dieser Artikel fasst Ergebnisse der Broschüre „Auswirkungen des demografischen Wandels“ (2020) des KVJS zusammen.
Ursula Kremer-Preiß, Leiterin des Fachbereichs Wohnen und Quartiersentwicklung im Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA), erläutert was alters- und generationengerechtes Wohnen heute bedeutet.
Bettina Scheu leitet bereits 20 Jahre die älteste Wohnberatungsstelle in Baden-Württemberg. Ehrenamtliche sind ein zentraler Bestandteil in der Wohnberatung, betont sie im Interview.
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