Der Anteil der Generation 80+ erhöht sich in den kommenden Jahren kontinuierlich. Zwischen 2020 und 2060 wird sich der Anteil in Baden-Württemberg fast verdoppeln. Wie wichtig sind Bewegung und Sport für ein gesundes und langes Leben? Und welche Auswirkungen hat der demografische Wandel auf die Sportvereine?
Beitrag des Demografiebeauftragten des Landes Baden-Württemberg Thaddäus Kunzmann
Die Menschen haben schon immer vom ewigen Leben geträumt. Bereits in den ältesten Mythen war die Rede über das „Leben nach dem Tod“. Und tatsächlich lebt der moderne Mensch viel länger als seine Vorfahren. Die durchschnittliche Lebenserwartung stieg in den letzten Jahrhunderten ununterbrochen. Noch im Mittelalter wurde mehr als die Hälfte der Kinder keine 14 Jahre alt. Auch in der zweiten Lebenshälfte sinkt die Sterblichkeit zusehends. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Frauen in Baden-Württemberg liegt derzeit bei 84,2 Jahren und bei den Männern bei 79,8 Jahren (2019).
Warum steigt die Lebenserwartung?
Der Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung ist bedingt durch eine veränderte Lebensweise, den Fortschritt der Medizin, dem Ausbleiben von Epidemien, Seuchen und Kriegen, dem gestiegenen Wohlstand, besseren Arbeitsbedingungen und einem gestiegenen Bildungsniveau. Besonders stark werden die Chancen für ein gesundes und langes Leben auch vom individuellen Lebensstil beeinflusst. Dabei spielen Bewegung, Sport und Fitness, die noch im hohen Alter wichtig sind, eine große Rolle. Denn gerade im „vierten Alter“ bedrohen die Gesundheitsrisiken die Selbständigkeit und Selbstbestimmung des Menschen und gefährden damit seine Autonomie.
Bewegungsmangel: Risiko für Demenz?
Ein großes Gesundheitsrisiko stellt für die älteren Menschen der altersabhängige Verlust an Muskelmasse dar. Bereits im Alter von 20 bis 30 Jahren erreicht der Mensch seine maximale Muskelmasse. Danach geht sie langsam zurück – im Lauf des weiteren Lebens um rund 30 bis 40 Prozent. Im hohen Alter schwinden die körperlichen Kräfte und die Beweglichkeit nimmt merklich ab. Der Mensch wird gebrechlich. Die körperliche Schwäche begünstigt das Auftreten einer Demenzerkrankung, die eine der größten Herausforderungen des Alterns darstellt. Die Statistik spricht in diesem Fall eine deutliche Sprache: Während bis zu einem Alter von 80 Jahren bei nicht mehr als acht Prozent eine Demenz auftritt, steigt diese Quote jenseits dieses Alters schnell an. Im Alter zwischen 85 und 90 Jahren ist jeder Vierte von Demenz betroffen, im höheren Alter jeder Dritte.
Es gibt aber gleich mehrere Möglichkeiten, das Demenzrisiko zu reduzieren Sie lassen sich in einem Satz ausdrücken: „Wir brauchen einen wachen Geist und müssen unseren eigenen Körper auf Trab halten.“ Sowohl Ausdauertraining als auch Krafttraining verlangsamen den Alterungsprozess.
Forscher empfehlen deshalb eine frühzeitige Umstellung auf einen aktiveren Lebensstil. Denn der Muskelaufbau im Alter wirkt sich positiv auf den gesamten Körper aus: Nicht nur mindert ein trainierter Körper die Wahrscheinlichkeit zu stürzen, er heilt auch schneller. Der moderne Mensch bewegt sich aber nicht genug, insbesondere in den reicheren Ländern der Welt. In Deutschland bewegen sich vier von zehn Menschen zu wenig.
Der aktive Lebensstil
Bis zum 19. Jahrhundert war der größte Teil der Bevölkerung zu Fuß unterwegs. Die Menschen bewegten sich viele Stunden am Tag: von Ort zu Ort, auf dem Feld oder im Wald. Die körperliche Arbeit bildete eine wichtige Grundlage der menschlichen Existenz. Heute verbringen die meisten Menschen fast die ganze Zeit sitzend: im Büro, im Auto, im Öffentlichen Verkehr oder auf dem Sofa zu Hause. Der Bewegungsmangel des modernen Menschen führt dazu, dass seinen Blutdruck steigt, er an Gewicht zunimmt und das Immunsystem schwächer wird. Der menschliche Körper braucht aber Bewegung, um leistungsfähig und gesund zu bleiben.
Wenn ich von Bewegung spreche, meine ich nicht nur Sport. Mit Bewegung sind in der Regel alle Aktivitäten im Alltag, wie zum Beispiel Treppensteigen, Spazierengehen, Radfahren sowie Haus- und Gartenarbeit gemeint. Aber beide Begriffe – Sport und Bewegung – stehen für den aktiven Lebensstil, der positive Wirkungen auf den Gesundheitszustand des Menschen in jedem Alter hat. Keine andere Maßnahme kann so effektiv die Lebenserwartung steigern und zum gesunden Altern beitragen wie der aktive Lebensstil.
Durch körperliches Training gelingt es jedem, ausreichende Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter hinein zu erhalten. Fitness und Bewegung im Alter sind nicht nur gut für den Körper, auch Kopf und Gemüt werden gefordert und gefördert. Senioren, die sich ausreichend bewegen und die Muskulatur trainieren, haben gute Aussichten, auch im hohen Alter noch fit und gesund zu sein. Zumal mit maßvollem Sport und moderater Bewegung in jedem Alter begonnen werden kann. Kreislaufsystem und Muskulatur sind auch im Alter von über 70 noch trainierbar. Wie sollten aber die älteren Menschen zu mehr Sport und Bewegung motiviert werden? Wie soll sich die Vereinsarbeit mit den älteren Menschen gestalten? Die Antworten auf diese Fragen sollten wir bereits jetzt suchen, denn der demografische Wandel wird seine Auswirkungen auch auf die Sportvereine haben.
Zwischen 2020 und 2060 wird sich der Anteil der Generation 80+ an der Gesamtbevölkerung in Baden-Württemberg fast verdoppeln.Quelle: Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stand 8/2019
Der demografische Wandel in den Sportvereinen
Mit dem Ausscheiden der Babyboomer aus dem Berufsleben ändert sich nicht nur die Struktur unserer Gesellschaft, sondern auch die der Sportvereine. Die in den 1960er Jahren Geborenen sind nicht nur eine besonders große, sondern auch gut ausgebildete Gruppe, die sich für ein langes und gesundes Alter bewusst und zielstrebig vorbereiten will.
Für die heutigen Babyboomern in ihren Fünfzigern spielt Sport bereits jetzt eine wichtige Rolle. Es ist daher wichtig, die Sportbedürfnisse nicht nur der älteren, sondern auch der mittleren Generation zu berücksichtigen und das sportliche Angebot an diese Altersgruppe anzupassen. Zumal es dafür bereits heute sehr gute Beispiele gibt. Genannt sei hier beispielhaft das Stuttgarter-Programm „fit ab 50“, das über 1 000 Bewegungsangebote für diese Altersgruppe enthält.
20Prozent
der Mitglieder in den Sportvereinen Baden-Württembergs sind
über 60 Jahre alt
Die Sportvereine verfolgen das Ziel, dass die Menschen bis ins hohe Alter fit und gesund bleiben. Das gesunde und lange Leben bleibt auch das wichtigste Ziel der demografischen Politik, da sich mit den gesunden alten Menschen der demografische Wandel viel leichter gestalten lässt. Im Grunde genommen verfolgen Sport und Demografie ein und dasselbe Ziel – ein glückliches und erfülltes Leben für jeden Menschen möglichst bis in hohe Alter.
Sport hält im Alter fit. Professor Dr. Ansgar Thiel empfiehlt Sportvereinen jedoch, Kurse oder Gruppen nicht mit „Ü50“ zu überschreiben. Dafür sei die Altersgruppe viel zu heterogen.
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