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Der demografische Wandel gestaltet sich regional sehr differenziert. Das Nebeneinander von wachsenden und schrumpfenden Kommunen findet sich in Stadt und Land. Und fast überall wird die Bevölkerung immer älter. Verantwortlich dafür sind vor allem die unterschiedlichen regionalen Entwicklungspotenziale, die für die betroffenen Kommunen zum Teil völlig unterschiedliche Herausforderungen bei der Sicherung der Daseinsvorsorge, des Arbeitskräfteangebots, des Wohnungsbedarfs und andere mehr mit sich bringen.
Beitrag von Dr. Steffen Maretzke, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
Die Bevölkerungszahl in Deutschland wuchs von 1990 bis 2021 um 4,5 Prozent, auf 83,2 Millionen Personen. Über alle 401 Kreise hinweg zeigt sich eine Spannweite dieser Veränderung von –39,7 Prozent im Stadtkreis Suhl (Thüringen) bis +47,4 Prozent im Landkreis Erding (Bayern). Bevölkerungszuwächse realisierten in diesem Zeitraum vor allem zentraler gelegene und/oder strukturstarke Kreise mit einem leistungsfähigen Arbeitsmarkt, einer hohen Wirtschaftskraft usw., also mit einer guten sozioökonomischen Lage. Diese wird hier über den entwicklungsbezogenen BBSR-Kreistyp relativ gut erfasst, der die Kreise in wachsende und schrumpfende Kreise untergliedert.
Bevölkerungsverluste konzentrierten sich von 1990 bis 2021 eher auf dezentral gelegene und/oder schrumpfende Kreise, vor allem in den neuen Ländern. Diese langfristig relativ einseitigen Entwicklungen spiegeln sich auch in der Altersstruktur der Bevölkerung wider. Da Bevölkerungszuwächse in der Regel das Ergebnis selektiver Binnen- und/oder Außenwanderungsgewinne sind, weisen wachsende Kreise ein relativ niedriges Durchschnittsalter der Bevölkerung auf. In Kreisen, die weniger von diesen Zuwanderungen profitieren oder gar Wanderungsverluste aufweisen, ist das Gegenteil der Fall. Entsprechend ist die demografische Alterung in einer Region Deutschlands umso stärker ausgeprägt, je dezentraler sie liegt und/oder je ungünstiger sich ihre sozioökonomische Lage gestaltet. Entsprechend waren die Menschen im Stadtkreis Suhl im Jahr 2021 mit 51,0 Jahre im Durchschnitt bereits deutlich älter als jene, die im Landkreis Erding leben (42,7 Jahre).
Nach der aktuellen Bevölkerungsprognose des BBSR steigt die Bevölkerungszahl Deutschlands bis 2045 um 2,7 Prozent auf 85,5 Millionen Einwohner. Die regionaldifferenzierte Entwicklung wird sich langfristig weiter fortsetzen. Während der Landkreis Mansfeld-Südharz (Sachsen-Anhalt) von 2021 bis 2045 Bevölkerungsverluste von –32,6 Prozent zu erwarten hat, wächst die Bevölkerungszahl im Landkreis Ebersberg (Bayern) um 15,2 Prozent. Vergleicht man die regionalen Entwicklungsmuster aus der Vergangenheit mit jenen aus dieser Prognose, lassen sich keine gravierenden Unterschiede erkennen. Während die zentrale Lage und die strukturelle Stärke eines Kreises auch künftig eher für Bevölkerungswachstum stehen, haben strukturschwache Kreise in dezentraler Lage weitere Bevölkerungsverluste zu erwarten. Die dezentraler gelegenen und/oder strukturschwachen Regionen, die bereits 2021 die höchste Intensität der demografischen Alterung aufwiesen, müssen sich zudem auf einen überdurchschnittlichen Anstieg des Durchschnittsalters der Bevölkerung einstellen.
Offensichtlich ist, dass es im Kontext der demografischen Entwicklung ein Nebeneinander von wachsenden und schrumpfenden Regionen gibt.
Die künftige Bevölkerungsentwicklung signalisiert einen weiteren Bedeutungsverlust der dezentral gelegenen und schrumpfenden, also der eher ländlichen Räume. Damit setzt sich der Konzentrationsprozess der Bevölkerung auf die strukturstärkeren städtischen Räume fort. Im Ergebnis dieser Entwicklung stehen die wachsenden Räume vor völlig anderen ökonomischen, sozialen und siedlungsstrukturellen Herausforderungen als die schrumpfenden.
Muss sich der eine Kreis auf ein steigendes Arbeitskräfteangebot, eine höhere Nachfrage nach Wohnraum beziehungsweise Bildungs- und/oder Betreuungsinfrastrukturen einstellen, werden für einen anderen sinkende Steuereinnahmen, das rückläufige Arbeitskräfteangebot und/oder die fehlende Auslastung der vorhandenen Wohnungen/Infrastrukturkapazitäten zunehmend zum Problem.
Strukturstärkere Räume sind im Gegensatz zu den strukturschwächeren in der Regel deutlich besser aufgestellt, ihre demografisch bedingten Wachstumsschmerzen eigenständig zu bewältigen. Sie müssen vor allem die wachsende Nachfrage nach Wohnraum, Arbeitskräften und Dienstleistungen (Bildung, Gesundheit, Pflege usw.) befriedigen. Die strukturschwächeren und schrumpfenden Regionen haben es dagegen deutlich schwerer. Denn diese Räume sind häufig sehr finanzschwach, weswegen es für sie immer herausfordernder wird, eine vielfältige und leistungsfähige Daseinsvorsorge sowie attraktive Wirtschafts-, Arbeits- und Wohnungsmärkte abzusichern, ihre Region als Wirtschaftsstandort wettbewerbsfähig zu halten und langfristig gleichwertige Lebensverhältnisse zu sichern.
Gerade die strukturschwachen ländlichen Kommunen brauchen eine Stärkung ihrer Finanzausstattung, um ihre Einnahmen berechenbarer zu machen und zu verstetigen. Hilfreich wäre hier eine kommunale Finanzreform. Experten empfehlen zudem eine Änderung des kommunalen Finanzausgleichs, der dringend eine Schrumpfungsperspektive benötigt. Studien zu betroffenen ländlichen Kommunen zeigen, dass anhaltende Bevölkerungsverluste in einem höheren Niveau und Wachstum von Pro-Kopf-Zuschussbeträgen und -Ausgaben münden.
Alle Kreise haben bis 2040 Außenwanderungsgewinne zu erwarten. Ohne diese Gewinne würde die Bevölkerungszahl der schrumpfenden Räume noch deutlich stärker sinken. Damit die zugewanderten Menschen erfolgreich in die Arbeitsmärkte wie in das Leben vor Ort integriert werden können, gilt es, auch in diesen Räumen ausreichend in das breite Spektrum an unterstützenden Integrationsmaßnahmen zu investieren.
Weil die demografischen Schrumpfungsprozesse absehbar eher unumkehrbar sind, sollten die betroffenen Kommunen und Kreise wirksame Anpassungsstrategien an diesen Wandel entwickeln. Solche Maßnahmen gibt es bislang kaum. Während zum einen die Standortoptimierung, dazu zählt auch die Schließung von Betreuungs-, Bildungs- und anderer Infrastruktureinrichtungen, im Mittelpunkt des Handelns stehen sollte, gilt es andererseits pflegerische Betreuungskapazitäten weiter auszubauen.
Bislang unerschlossene Einspar- und Synergiepotenziale der Kooperation, des Zusammenlegens von Funktionen und der Digitalisierung gilt es konsequent, möglichst interkommunal zu heben. Die Funktionsvielfalt von Einrichtungen sollte gerade im ländlichen Raum konsequent in Grund- und Mittelzentren gebündelt werden. Die regionale Entwicklung sollte weiter konzentriert werden, um kommunale Handlungsspielräume zu erhalten. Erforderlich sind unter anderem weitere Gebietsreformen, wirksame Demografie- und Nachhaltigkeitschecks für größere Investitionsprojekte, eine Stärkung der Innenentwicklung, bedarfsgerechte Infrastrukturkonzepte, kommunale Wohnungs- und Leerstandskataster, neue Formen aktiver Bürgerbeteiligung und anderes mehr.
Die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland ist sehr heterogen. Sie ist wesentlich durch die Lage und Wirtschaftskraft der Regionen geprägt.
Das Tool unterstützt Kommunen und Regionen bei konkreten Planungsentscheidungen, um bedarfsgerechte und langfristig tragfähige Strukturen der Daseinsvorsorge zu sichern. So trägt daviplan zu einer guten Planung bei und hilft, Kosten und Arbeitsaufwand zu reduzieren.
Wie die Zukunft der Kommunen im demografischen Wandel gestalten? DAKS unterstützt Verwaltungen und Beratungen bei der Planung und Umsetzung von individuellen Demografiestrategien.
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