„Es ist toll, zu erleben, wie Ideen entstehen und wir mit unserem Engagement den Zusammenhalt vor Ort stärken.“
Marieta Böttger lebt seit 1976 in Eberswalde. Sie war Lehrerin, Ausländer- und Integrationsbeauftragte. Seit 2018 ist sie Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung Barnim/Uckermark, die unter dem Motto „Menschen verbinden, Zukunft gestalten“ seit 2003 die Region im Norden Brandenburgs mit vielen ehrenamtlichen Projekten noch lebenswerter macht.
Frau Böttger, Sie sind ehrenamtlich im Vorstand der Bürgerstiftung Barnim Uckermark aktiv, wie kam es dazu und was reizt Sie an dieser Aufgabe?
Die Bürgerstiftung Barnim Uckermark will Bürgerinnen und Bürger zum Gemeinsinn anstiften. Mit unseren Projekten fördern wir ein offenes und demokratisches Zusammenleben in unserer Region. Ich selbst habe in der Wendezeit begonnen, mich politisch zu engagieren und erlebt, was viele Menschen gemeinsam bewirken können, wie sie Gesellschaft gestalten. In meinem Beruf als Ausländerbeauftragte des Landkreises war es mir immer wichtig, Menschen aktiv einzubeziehen. Gerade die vielfältigen Ideen, Erfahrungen und Fähigkeiten jedes Einzelnen machen für mich einen Ort lebenswert. Leider denken nicht alle Menschen so. Rechtsextremismus bedroht unsere Demokratie und bürgerschaftliches Engagement. Die richtige Antwort ist der Zusammenschluss aller, die eine offene, demokratische Gesellschaft gestalten wollen. So entstand durch mein Zutun das Netzwerk „Tolerantes Eberswalde“. Als 2003 die Idee aufkam, eine Bürgerstiftung zu gründen, war ich folgerichtig mit dabei. Seit 2018 bin ich nun Stiftungsvorsitzende. Mich reizt vor allem die Begegnung mit den Menschen. Es ist toll, zu erleben, wie Ideen entstehen und wir mit unserem Engagement den Zusammenhalt vor Ort stärken.
Welche Rolle spielt der demografische Wandel für die Arbeit der Stiftung?
Wir sind eine Bürgerstiftung, unsere Zielgruppe sind im Grunde genommen alle Generationen. Aber die meisten Stifterinnen und Stifter sind inzwischen jenseits der 50 Jahre. Jüngeren Menschen fehlt häufig das Geld für eine Zustiftung. Umso mehr freuen wir uns, wenn wir sie für unsere Projekte gewinnen und sie Zeit stiften, indem sie Kindern vorlesen oder Zugewanderte begleiten. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass sich noch mehr Menschen meiner Generation aktiv einbringen. Hier müssen wir noch etwas Ermutigungsarbeit leisten. Die meisten über 60-Jährigen sind heute noch fit. Gerade diese Generation hat so viele Erfahrungen und Fähigkeiten einzubringen. Diese Menschen haben einen historischen Transformationsprozess gemeistert. Es wäre schade, wenn wir das nicht für unsere Arbeit nutzen.
Wo sehen Sie aktuell die größte Herausforderung, die gemeistert werden muss, damit bürgerschaftliches Engagement sein Potential voll ausschöpfen kann?
Bürgerschaftliches Engagement braucht gute Rahmenbedingungen. Wir leben hier nicht gerade in einer reichen Gegend Deutschlands. Es gibt hier nicht den wohltätigen Mäzen. Deshalb ist zum Beispiel die finanzielle Ausstattung unserer Geschäftsstelle leider ein Dauerthema. Die Ehrenamtlichen leisten aus eigener Kraft Großartiges, aber ganz ohne hauptamtliche Koordination geht es nicht. Hier brauchen wir die Unterstützung vieler auf lokaler Ebene der Wirtschaft, aber auch die des Landes. Wenn das Fundament stimmt, gelingt auch alles andere. Unsere größte Herausforderung ist also, der organisatorischen Arbeit unserer Stiftung eine solide finanzielle Grundlage zu geben.
Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht das gesellschaftliche Klima für bürgerschaftliches Engagement?
Bürgerschaftliches Engagement stärkt die Selbstwirksamkeit von Menschen und fördert den Zusammenhalt. Das müssen wir öfter hervorheben und weiter am Stellenwert des Ehrenamtes arbeiten. Es muss gewollt sein und in seiner Gestaltungskraft auch wertgeschätzt werden. Im Sport und bei der Feuerwehr ist das seit Jahren der Fall. Aber es gibt natürlich noch viele andere Bereiche, in denen sich Menschen ehrenamtlich einbringen können und wollen. Hier braucht es klare Signale der Politik, die deutlich machen: Wir finden es gut, wenn Menschen sich einbringen, egal wo. Es ist immens wichtig, wenn Menschen anderen vorlesen, Bäume pflanzen, Begegnung schaffen! Der Ausbau der Unterstützung von Freiwilligenagenturen, die genau diese Vielseitigkeit fördern, wäre ein solches Signal.
Warum können Sie anderen Menschen empfehlen, sich ehrenamtlich zu engagieren?
Engagement macht Freude, hält den Geist wach, schafft Begegnungen und neue Eindrücke. Ein Beispiel: Ich habe im Juli bei der Sommerschule der Bürgerstiftung mitgeholfen. Die Arbeit war manchmal anstrengend, hat mir aber auch Spaß gemacht und ich habe gemerkt, wozu ich in diesem Bereich noch in der Lage bin. Fröhliches Kinderlachen war der schönste Dank.
Fährt der Bus? Wo gibt es Kultur? Werden Alteingesessene und Neulinge eine Gemeinschaft? - Brandenburg steht vor vielfältigen demografischen Herausforderungen. Damit ländliche Räume, Dörfer und Städte lebenswert bleiben, ist das Engagement vieler Menschen notwendig.
Rund 815.000 Menschen engagieren sich in Brandenburg für das Gemeinwesen. Der Anteil der Engagierten ist in den letzten 20 Jahren deutlich gewachsen und lag zuletzt stabil bei rund 37 Prozent.
Angesichts der Vielfalt der Aufgaben und Herausforderungen benötigen Freiwilligenagenturen strukturelle Unterstützung, umfangreiche Vernetzung, fachlichen Austausch und nachhaltige Förderung. Die Geschäftsstelle der Lagfa unterstützt die ehrenamtliche Arbeit im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, Beratung und Interessenvertretung.
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