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Gemeinde Hiddenhausen, Kreis Herford in Nordrhein-Westfalen
Was tun, wenn Familien lieber am Dorfrand wohnen – und der Ortskern verwaist? Wie bekämpft man den Leerstand in den alten Ortskernen? Alle Prognosen weisen für die 20.000-Seelen-Gemeinde Hiddenhausen eine schrumpfende und alternde Bevölkerungsentwicklung aus. Aufgeschreckt durch die Bevölkerungsprognosen wurde nach einer Analyse der örtlichen Altersstruktur deutlich, dass in nicht allzu ferner Zeit ein beachtlicher Anteil an Altimmobilien auf den Markt kommen wird. Indikator ist hier der Anteil alleinstehender älterer Hauseigentümer.
Ein neues Denken in der Bauleitplanung war gefragt, um junge Familien am Ort zu halten und deren Blick „weg vom Neubau – hin zum Altbau“ zu lenken. So berief Hiddenhausen Anfang 2007 eine Expertenrunde aus Banken, Sparkassen, Maklern, Wohnbaugesellschaften, Planern und Architekten, um Möglichkeiten zur Förderung der Altbaunutzung zu erörtern. Es wurde beschlossen, in der Gemeinde Hiddenhausen auf die Ausweisung von Neubaugebieten zu verzichten und gleichzeitig wurde das Förderprogramm „Jung kauft Alt – Junge Menschen kaufen alte Häuser“ ins Leben gerufen.
Mit dem Förderprogramm „Jung kauft Alt – Junge Menschen kaufen alte Häuser“ unterstützt die Gemeinde junge Familien bei der Nachnutzung von alten Siedlungshäusern durch Zuschüsse für Altbaugutachten und für den Erwerb von alten Wohnhäusern. Um die Nutzungsmöglichkeiten und die damit verbundenen Umbau- und Sanierungskosten von Gebrauchtimmobilien fachkundig abschätzen zu lassen, fördert die Gemeinde die Erstellung eines Altbau-Gutachtens. Bei diesem ersten Baustein von „Jung kauft Alt“ wird die Ortsbegehung, Bestandsaufnahme, Modernisierungsempfehlung und Kostenschätzung durch Architekten und Bausachverständige bezuschusst, und zwar einmalig mit einem Sockelbetrag von 600 Euro, der je nach Kinderanzahl auf maximal bis zu 1.500 Euro anwachsen kann (300 Euro für jedes Kind).
Mit dem zweiten Baustein des Förderprogramms fördert die Gemeinde den Erwerb einer mindestens 25 Jahre alten Immobilie laufend für die Dauer von 6 Jahren. Die Geförderten erhalten einen jährlichen Grundbetrag von 600 Euro und 300 Euro für jedes zum Haushalt der Antragsteller gehörende minderjährige Kind. Der Clou dabei: bei Geburten innerhalb des Förderzeitraumes erhöht sich der Förderbetrag im Sinne eines „Altbau-Kindergeldes“ automatisch bis zu einem jährlichen Förderbetrag von 1.500 Euro. Voraussetzung für die Förderung ist der Eintrag der Antragsteller als Eigentümer im Grundbuch und die Anmeldung bei der Gemeinde mit Hauptwohnsitz, sodass damit eine langfristige Bindung an die „Scholle“ erreicht wird.
Im Juli 2019 hat der Rat der Gemeinde Hiddenhausen einen dritten Förderbaustein beschlossen: Als Beitrag zum proaktiven Klimaschutz der Gemeinde Hiddenhausen werden Altbauten, die nach Durchführung einer Sanierungsmaßnahme und Neubauten nach Abriss, die bestimmte Energieeffizienzwerte im Vergleich zu dem Referenzgebäude nach EnEV 2014 erreichen, gefördert. Dabei werden Jahresprimärenergiebedarfe gestaffelt von 115 Prozent, 100 Prozent, 85 Prozent, 70 Prozent, 55 Prozent, 40 Prozent und 40 Prozent+ mit einmalig jeweils 600 Euro pro erreichter Effizienzklasse bezuschusst. Neubauten nach Abriss müssen mindestens die Effizienzklasse 85 Prozent oder besser erreichen. Somit ist hier eine einmalige Förderung von maximal 4.200 Euro pro saniertem Gebäude möglich.
Hiddenhausen hat mit „Jung kauft Alt“ eine innovative und außergewöhnliche Idee, die einfach und gut ist. Einfach: die Fördersätze sind leicht merkbar, die Antragsteller brauchen nur ihren Namen und die Anschrift des zu erwerbenden Gebäudes anzugeben. Gut: die Erfolgszahlen sprechen für sich.
Bis August 2019 wurden der Erwerb von insgesamt 580 Altbauten sowie die Erstellung von insgesamt 59 Altbaugutachten durch die Gemeinde Hiddenhausen gefördert. In den geförderten Haushalten leben insgesamt 714 Kinder; erfreulich ist auch die Geburt von 144 Babys in den unterstützten Haushalten während der Förderung. Ab dem Jahr 2014 bilden allein die Erstklässler, die in den geförderten Haushalten wohnen, eine Grundschul-Einstiegsklasse. Besonders bemerkenswert ist, dass die Gemeinde Hiddenhausen nicht nur junge Familien halten, sondern auch Neubürgerinnen und Neubürger gewinnen konnte, denn 59 Prozent der geförderten Haushalte werden von Zugezogenen bewohnt und 12 Prozent der unterstützten Personen stammen sogar aus einem anderen Landkreis. Zudem wurde seit 2011 keine Neubaufläche mehr ausgewiesen.
Hiddenhausen ist für sein Förderprogramm „Jung kauft Alt“ vielfach prämiert worden. Aufgrund der Erfolgszahlen, der medialen Verbreitung, sowie der bundesweiten Anfragen aus anderen Kommunen konnte Hiddenhausen andere inspirieren. Das Förderprogramm „Jung kauft Alt“ hat viele Nachahmer gefunden.
Die Gemeinde Hiddenhausen finanziert das Projekt aus Eigenmitteln.
Gemeinde Hiddenhausen
Alexander GrafGemeinde Hiddenhausen - Amtsleiter Gemeindeentwicklung Rathausstraße 132120 HiddenhausenTelefon: 05221 964248E-Mail: a.graf@hiddenhausen.deStartseite: www.hiddenhausen.de
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